Bestattungsinstitut GBI: Einer für alle

Seit 1920 gibt es das Großhamburger Bestattungsinstitut, kurz GBI. Im Laufe der Jahre haben sich Arbeit und Aufgaben von Bestatterinnen und Bestattern verändert. Ein Gespräch mit GBI-Geschäftsführer Volker Wittenburg über ein würdevolles Ende heute und im Wandel der Zeit
Gespräche über ein würdevolles Ende in modernem Ambiente beim GBI (©GBI)

SZENE HAMBURG: Volker Wittenburg, es ist Montag, früher Nachmittag. Würden wir gerade kein Interview führen, hätten Sie um diese Uhrzeit ganz bestimmte Arbeitsroutinen – oder gibt es so etwas wie einen Arbeitsalltag gar nicht für Sie als GBI-Chef?

Volker Wittenburg: Einen Arbeitsalltag gibt es und muss es auch geben. Ansonsten, glaube ich, könnte ein Unternehmen, wie wir es sind, gar nicht funktionieren. Für unsere Branche, die geprägt ist von eher kleinen und Familienunternehmen, sind wir mit 100 Beschäftigten ja schon sehr groß. Würden wir kein Interview führen, säße ich jetzt wahrscheinlich in einer Abteilungsleiterbesprechung, bei der sich regelmäßig über unsere Abläufe ausgetauscht wird.

Welche Abteilungen gibt es denn beim GBI?

Unser Dienstleistungsverständnis ist ein ganzheitliches. Wir begegnen unseren Kunden grundsätzlich ergebnisoffen, denn der Tod folgt keinen Regeln. Entsprechend individuell beraten wir unsere Kunden – von der Bestattungsvorsorge, also der Auseinandersetzung mit dem Tod mitten im Leben, über den konkreten Todes- und Trauerfall mit all seinen individuellen Herausforderungen, bis hin zur sehr persönlichen Verlust- und Trauerbewältigung. Entsprechend sind auch unsere Abteilungen strukturiert.

Es gibt eine sehr empathische Beratungsabteilung, die sehr zielgerichtet auf die unterschiedlichen Bedürfnisse unserer Kunden eingeht. Dann gibt es natürlich eine Abteilung, die sich um die Organisation und Durchführung von Beisetzungen und Trauerfeiern kümmert – und eine, die für die Überführung und Versorgung von verstorbenen Menschen zuständig ist. Wie jedes Unternehmen unserer Größe haben wir zudem Abteilungen für Bereiche wie Buchhaltung, HR und Marketing.

Bestattungen und bezahlbarer Wohnraum

GBI-Geschäftsführer Volker Wittenburg (©GBI)

16 Standorte, die angesprochenen 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und potenziell alle Hamburgerinnen und Hamburger als Kunden: Das klingt anstrengend. Was hat Sie damals, 2018, gereizt, in diesem Unternehmen zu arbeiten?

Ein Alleinstellungsmerkmal des GBI liegt seit unserer Gründung vor über 100 Jahren in unserem Grundverständnis. Gesellschaftliche Verantwortung und Fürsorge werden bei uns großgeschrieben. Unsere Vereinssatzung gibt vor, dass wir konfessionsübergreifend und über wirtschaftliche Möglichkeiten hinaus für jede Hamburgerin und jeden Hamburger da sind. Damals war es noch nicht selbstverständlich, würdevoll seinen letzten Weg zu gehen. Das hing letztendlich auch sehr stark am Geldbeutel – was es heute auch noch tut.

Aber heute gibt es natürlich ganz andere Bestattungsmöglichkeiten als damals. In Hamburg kann heute wirklich jeder, unabhängig von seiner finanziellen Situation, eine adäquate Bestattung bekommen. Und auch wenn ich Betriebswirt bin, habe ich zu sozialen Themen immer schon einen Bezug gehabt. Während meines Studiums beispielsweise habe ich viele Jahre im Rettungsdienst gearbeitet. Schon damals hatte ich also Berührungspunkte mit den Themen Sterben und Tod. Das Sensibilisieren für diese Themen – auch sie ein Stück weit mehr in unser aller Alltag und dem gesellschaftlichen Grundverständnis zu verankern, hat mich zusammen mit dem Geschäftsmodell des GBI sehr interessiert und gereizt.

Das Geschäftsmodell basiert auf Vorsorge. Menschen können sich bereits in jungen Jahren um alles kümmern, was rund um ihre Bestattung geschehen soll – und auch schon alles bezahlen. Das erhaltene Geld investieren Sie dann in Immobilien.

Genau. Wir sind seit unserer Gründung ein rechtsfähiger Verein – und eine unserer Aufgaben ist es, mit dem Geld verantwortungsvoll umzugehen. Das tun wir, indem wir in Immobilien investieren und damit tatsächlich bezahlbaren Wohnraum anbieten. Unsere Immobiliensparte heißt also nicht zufällig „Fairmietung“ – wir nehmen also auch hier unsere gesellschaftliche Verantwortung sehr ernst.

Legen Sie das Geld auch in Neubauten an?

Ja, entweder investieren wir in Bestandsimmobilien oder wir bauen selber. Wir gehen treuhänderisch mit dem Geld um, das die Menschen uns anvertrauen, und rechnen uns immer aus, wie wir das am besten tun. Das ändert sich daher auch über die Jahre mal. Lange hatten wir ein Zinsniveau, das uns eher dazu verleitet hat, selbst zu bauen. Und im Moment macht Bauen nicht so viel Freude, weil es mit unheimlich vielen Restriktionen verbunden ist, die sehr viel Geld kosten. Man muss sich das immer sehr genau angucken.

Unser Leitbild soll dazu beitragen, dem Tod einen Platz im Leben zu geben

GBI-Geschäftsführer Volker Wittenburg

Veränderungen durch Corona

Als Sie 2018 beim GBI anfingen, wie war da Ihr Eindruck vom laufenden Geschäft? Haben Sie große Herausforderungen gesehen?

Das GBI war und ist ein gesundes Unternehmen. Unser Verein konzentriert sich aber auch sehr auf die Beschäftigten, zum Beispiel, indem wir tarifvertraglich orientiert sind. Das ist ziemlich einzigartig in Deutschland für ein Unternehmen unserer Branche. Und man muss auch immer dazu sagen – der Satz ist nicht von mir: Man kann nur sozial sein als Unternehmen, wenn man wirtschaftlich gut arbeitet. Nur wenn wir das tun, können wir nachhaltig faire Preise garantieren und unsere Angestellten angemessen bezahlen.

Kurz nach Ihrem Amtsantritt kam Corona. Was hat das fürs GBI bedeutet?

Die Corona-Zeit war für unsere gesamte Branche eine große Herausforderung. Am Anfang gab es unheimlich viele Fragezeichen. Ich freue mich aber sehr, retrospektiv sagen zu können, dass wir dank unserer zukunftsorientierten und lebensbejahenden Grundhaltung gestärkt aus diesen schwierigen Jahren gegangen sind. Wir haben uns genau so in Frage gestellt, wie das in weiten Teilen der Gesellschaft auch passiert ist. Der offene und empathische Austausch sowohl mit unseren Kunden als auch intern im Team hat enorme Chancen und Potenziale offenbart: Wir haben die Digitalisierung unserer Prozesse vorangetrieben, sind also schneller und effizienter – und haben Zeit gewonnen, noch individueller auf unsere Kunden und ihre Bedürfnisse einzugehen. Wir haben unseren Marken- und Filialauftritt überarbeitet und auch unser Grundverständnis und Miteinander gestärkt. Und wir haben erkannt, wie weit die Corona-Bedrohung unsere Gesellschaft dahingehend gestärkt hat, sich den Themen Tod und Trauer offener zu stellen.

Hier einen Beitrag zu leisten und zur Endtabuisierung des Todes beizutragen, liegt uns am Herzen. Das GBI wird deshalb sukzessive frischer, lebendiger, kommunikativer. Unser Leitbild soll dazu beitragen, dem Tod einen Platz im Leben zu geben. Denn wir wissen, wie heilend es ist, sich im Leben mit dessen Ende auseinanderzusetzen. 

Dieser Artikel ist zuerst in SZENE HAMBURG 02/2024 erschienen.

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