Seit 2005 zeichnet der Börsenverein des Deutschen Buchhandels den besten deutschsprachigen Roman des Jahres mit dem Deutschen Buchpreis aus. In diesem Jahr geht der Preis an Kim de l’Horizon mit seinem Roman „Blutbuch“
Text: Felix Willeke
„Mit einer enormen kreativen Energie sucht die non-binäre Erzählfigur in Kim de l’Horizons Roman ‚Blutbuch‘ nach einer eigenen Sprache“, so die Begründung der Jury zum Deutschen Buchpreis. 2022 geht der mit 25.000 Euro dotierte Preis erstmals an eine non-binäre Person. Gewonnen hat ihn Kim de l’Horizon aus der Schweiz mit dem Roman „Blutbuch“. Dieser stellt die Frage nach den Narrativen für einen Körper, der sich den herkömmlichen Vorstellungen von Geschlecht entzieht, so die Jury. „Blutbuch“ setzte sich gegen fünf weitere Romane auf der Shortlist durch. Der Preis wurde von einer Jury bestehend aus Miriam Zeh (Deutschlandfunk Kultur), Erich Klein (freier Kritiker, Wien), Frank Menden (stories! Die Buchhandlung, Hamburg), Uli Ormanns (Agnes Buchhandlung, Köln), Isabelle Vonlanthen (Literaturhaus Zürich), Selma Wels (Kuratorin und Moderatorin, Frankfurt) und Jan Wiele (Frankfurter Allgemeine Zeitung) vergeben.
Die Suche nach dem Ich, nach der eigenen (Geschlechter-)Rolle
De l’Horizon bedankte sich nicht wie viele seiner Vorgänger:innen mit einer vorbereiteten Rede für den Preis. Stattdessen gab es einige Zeilen des Liedes „Nightcall“ vom französischen DJ Kavinsky zu hören. Darin heißt es: „There’s something inside you / It’s hard to explain / They’re talking about you, boy / But you’re still the same.“ Genau diesen im Song beschriebene Zwiespalt greift das Buch auf. Aus der Begründung der Jury: „Im Fixpunkt des Erzählens ist die eigene Großmutter, die ‚Großmeer‘ im Berndeutschen, in deren Ozean das Kind Kim zu ertrinken drohte und aus dem es sich jetzt schreibend freischwimmt.“
Ein starkes Zeichen
Am Ende setzte Kim de l’Horizon noch ein Zeichen der Solidarität. Nach den Worten „Aber dieser Preis ist nicht nur für mich…“ nahm de l’Horizon einen Rasierer in die Hand und begann sich unter tosendem Applaus die Haare abzurasieren – ein Symbol der Solidarität mit den protestierenden und vor allem den Frauen im Iran. „… ich denke die Jury hat diesen Text auch ausgewählt, um ein Zeichen zu setzen gegen den Hass und für den Kampf aller Menschen, die wegen ihres Körpers unterdrückt werden“, so de l’Horizon weiter. Ein starkes Zeichen und eine Buchpreisverleihung, die man nicht so schnell vergessen wird.
Kim de l’Horizon: „Blutbuch“, Dumont, 336 Seiten, 24 Euro
Hier gibt es die Preisverleihung zum Nachsehen:
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