Elbjazz 2023: Das Tor zum Jazz

Meute, Dope Lemon und Derya Yıldırım. Das Elbjazz 2023 setzte wieder auf große Namen, bot Entdeckungen und öffnete einmal mehr die Tür zu Hamburgs Jazzszene
Ein Heimspiel mit großem Namen beim Elbjazz 2023: Meute (©Felix Willeke)
Ein Heimspiel mit großem Namen beim Elbjazz 2023: Meute (©Felix Willeke)

Über 20.000 Besuchende, bestes Wetter, gute Musik und tolle Stimmung, das war das Elbjazz 2023. Nach dem Festival Comeback 2022 fanden auch in diesem Jahr wieder die großen Namen den Weg auf das Werftgelände von Blohm+Voss, in die Katharinenkirche und in die Elbphilharmonie. „Das Elbjazz ist ein spannender Hybrid aus zugänglichem Jazz, großen Namen und abseits vom Mainstream, Dinge, die man entdecken kann“, sagte der Schweizer Jazzsänger und Vocalist Andreas Schaerer und trifft damit den Kern des Festivals. Waren es in den vergangenen Jahren Namen wie Jamie Cullum, Miles Sanko und Nils Landgren gaben sich 2023 unter anderem Meute, Dope Lemon und das Unknown Mortal Orchestra die Ehre. Der Name Elbjazz führt dabei ein wenig in die Irre, denn nur um Jazz geht es den Machern nicht. Das Elbjazz lässt sich nicht dem Jazz allein zuschreiben. Hier werden Genregrenzen nicht gerissen, sie werden nicht einmal beachtet – so wie es eigentlich auch der Jazz an sich tut – und das Elbjazz 2023 machte dabei keine Ausnahme.

Elbjazz: Die Großen liefern ab

Das Michael Wollny Trio beim Elbjazz 2023 (©Felix Willeke)
Das Michael Wollny Trio beim Elbjazz 2023 (©Felix Willeke)

Wer die Masse zum Jazz bringen will, der braucht große Namen. So waren es auch 2023 die Crowd Pleaser, die die bis zu 25.000 Menschen auf das Gelände lockten. Der größte Name war dabei sicherlich Meute. Die Band, die vor knapp zehn Jahren in Hamburg gegründet wurde, spielt heute weltweit ausverkaufte Konzerte und schaute nach knapp einem Jahr Pause mal wieder in ihrer Heimatstadt vorbei und enttäuchten nicht: Die elf Herren lieferten eine Stunde besten Techno-Marching-Sound, der das Publikum vom ersten bis zum letzten Beat zum Tanzen brachte. Auch die anderen großen Namen wie Dope Lemon, mit seinem psychedelischen Indie-Sound, die Stammgäste Michael Wollny und das Tingvall Trio überzeugten.

Perlen abseits des Mainstreams

Elbjazz 2023: Derya Yıldırım mit ihrer Grup Şimşek
Ein Highlight beim Elbjazz 2023: Derya Yıldırım mit ihrer Grup Şimşek (©Jens Schlenker)

Die großen Namen ziehen die Massen an, doch das Elbjazz 2023 ließ dabei auch Raum für andere Künstlerinnen und Künstler. Den nachhaltigsten Eindruck dabei hinterließ Derya Yıldırım mit ihrer Gruppe Şimşek und Special Guest Duygu Ağal. Yıldırım ist in den 1990er-Jahren auf der Veddel in Hamburg geboren, lebt inzwischen in Berlin und ist in der anatolischen Community längst ein großer Name. Als Einzige deutschlandweit studiert sie Bağlama, eine Lang-Saz. Das „Elbjazz hat mich schon immer begleitet, weil ich auch an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg studiert habe und viel mit den Jazzern abgehangen habe. Ich selbst habe da mal ein Konzert gesehen, und jetzt spiele ich selber dort, das finde ich toll“, sagte sie Anfang des Jahres dem NDR. Beim Elbjazz 2023 präsentierte sie ihr neues Album „Dost 2“. Dabei changiert ihr Sound zwischen anatolischem Fusion-Folk, rockigen Riffs und ihrer einnehmenden Stimme: begeisternd.

Darüber hinaus gab es beim Elbjazz 2023 auch eine neue Bühne. Neben der altbekannten HfMT Young Talents Bühne an der Elbphilharmonie bot der Jazztruck des Jazzbüro Hamburg und der Haspa Musik Stiftung erstmals eine kleine Bühne für lokalen Jazz auf dem Werftgelände von Blohm+Voss. Musik gab es hier unter anderem vom Quartett Pelican Crossing und von Skilbeck mit ihrer Mischung aus Jazz, House, Dubstep und Rock: Hamburger Musikerinnen und Musiker (noch) ohne großen Namen.

Der Hamburger Jazzpreis für Dirk Achim Dhonau

Dirk Achim Dhonau (l.), Gewinner des Hamburger Jazzpreis 2023, mit Réka Csorba (r.) vom Jazzbüro Hamburg (©Felix Willeke)
Dirk Achim Dhonau (l.), Gewinner des Hamburger Jazzpreis 2023, mit Réka Csorba (r.) vom Jazzbüro Hamburg (©Felix Willeke)

Dabei bietet das Elbjazz schon fast traditionell dem Hamburger Jazz eine Bühne. Denn alle zwei Jahre wird hier der mit 10.000 Euro dotierte Hamburger Jazzpreis verliehen. Mit dem Preis zeichnet das Jazzbüro Hamburg Musikerinnen und Musiker aus, die sich im besonderen Maße um den Jazz in der Stadt verdient gemacht haben. 2023 geht der Preis völlig zu Recht an den Schlagzeuger Dirk Achim Dhonau. Kaum einer hat die Hamburger Jazzszene auch abseits der Drums so sehr geprägt wie Dhonau. 1960 in Duisburg geboren, studierte der heute 63-Jährige Schlagzeug und Jazz in Hamburg. Es gibt kaum einen, der mit ihm in der Hansestadt nicht schon auf der Bühne gestanden hat. 1998 gründete Dhonau, den manche auch als einen Philosophen am Schlagzeug bezeichnen, zudem den Verein Jazzhaus Hamburg, der sich für die Förderung des Jazz in der Stadt einsetzte und der als einer der Ursprünge für das Jazzbüro Hamburg gilt. Beim Elbjazz 2023 stand Dhonau zusammen mit seinem neuen Quartett auf der Bühne und spielte mit Anna-Lena Schnabel (Saxofon), Mattie Winnitzki (Piano) und Tilman Oberbeck (Bass) ein umjubeltes Preisträgerkonzert in der Schiffbauhalle.

Elbjazz: Jazz ist auch woanders

Schätzen Hamburg für ihre Jazzszene: Andreas Schaerer (r.) und Kalle Kalima (l.) (©Reto Andredi/Maarit Kytöharju)
Schätzen Hamburg für ihre Jazzszene: Andreas Schaerer (r.) und Kalle Kalima (l.) (©Reto Andredi/Maarit Kytöharju)

Während die großen Bühnen von den großen Namen bespielt wurden, gab es 2023 auch wieder Musik für eingefleischte Jazzfans. So zum Beispiel beim begeisternden Konzert des Tomeka Reid Quartett in der Elbphilharmonie und dem gefühlvoll tiefen Konzert von Mary Halvorson in der Katharinenkirche. Den Auftakt am Spielort der ersten Stunde des Elbjazz 2023 machten der finnische Gitarrist Kalle Kalima und der Schweizer Vocalist Andreas Schaerer. Ihr Konzert mit eigener Musik und David Bowie-Cover zeigte das Jazz-Potenzial des Festivals, dass man jedes Jahr aufs Neue finden muss.

Auch wenn einige vielleicht dem „alten“ Elbjazz nachtrauern – und ja, dort gab es mehr Experimente und mehr Jazz –, sollten sich diejenigen an die Worte von Kalle Kalima erinnern: „Hamburg hat eine sehr glaubwürdige alternative Offszene.“ Und Andreas Schaerer ergänzt: „Ich kenne keine einzige andere Stadt in Europa, wo ich an so vielen Orten gespielt habe und jeder Ort war wirklich intensiv. Überall gibt es diese Mischung aus großer Hingabe und hoher Professionalität.“ Genau für diese Orte und die Jazzszene der Stadt ist das Elbjazz die Tür. Das Festival gibt neben den großen Namen Jahr für Jahr einen Eindruck der Hamburger Jazzszene. Wer nach dem Festival Lust auf mehr hat, findet 365 Tage im Jahr unzählige Konzerte an den ungewöhnlichsten Orten: klein, intensiv und mit viel Hingabe, denn das ist Jazz.

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