Filmkritik: Auf trockenen Gräsern 

„Auf trockenen Gräsern“ von Autorenfilmer Nuri Bilge Ceylan („Winterschlaf“) ist ein poetischer Film über das Leben in einem Dorf in Anatolien, voller Menschlichkeit in all ihren Facetten
Den beiden Lehrern Samet (Deniz Celiloğlu) und Kenan (Musab Ekici) wird das Lachen schon bald vergehen; ( ©Eksystent Filmverleih)

In einem abgelegenen Dorf in den schneebedeckten Weiten Ost-Anatoliens unterrichtet der aus Istanbul stammende Lehrer Samet (Deniz Celiloğlu) seit vier Jahren Kunst. Seine Freizeit verbringt er mit seinem Hobby, der Fotografie und Gesprächen mit einigen der Einwohner. Gewissenhaft und sehnsüchtig wartet er darauf, aus „dem Kaff“ versetzt zu werden und die Trostlosigkeit des Landlebens hinter sich zu lassen. Doch zuvor will er noch seinen Kollegen und Mitbewohner Kenan (Musab Ekici) mit Nuray (Merve Dizdar) verkuppeln, mit der eigentlich er selbst verkuppelt werden sollte. Als er und Kenan wenig später beschuldigt werden, sich Schülerinnen gegenüber unangemessen verhalten zu haben, lernt er völlig neue Seiten von sich kennen …

Auf trockenen Gräsern: Passende Perspektiven 

( ©Eksystent Filmverleih)

Der Autorenfilmer Nuri Bilge Ceylan („Jahreszeiten – Iklimler“) gilt als Poet des Kinos. Auch sein neuer Film „Auf trockenen Gräsern“ wird diesem Ruf gerecht. Visuell imposant, darstellerisch markant und inhaltlich provokant lotet Ceylan die Facetten des menschlichen Daseins aus – und lässt hierbei die gesellschaftliche Dimension nicht aus. In langen Einstellungen lässt er die Zuschauer in die Umgebung eintauchen und illustriert die Widersprüche und Eigenarten der weitestgehend isoliert lebenden Einwohner. Die Verzweiflung, Erschöpfung und Bitterkeit steht ihnen ins Gesicht geschrieben; die schneebedeckte Kälte und sommerliche Dürre der Umgebung, in der kein Grashalm lange grün bleibt, spiegelt dies eindrücklich wieder.

„Es ist, als ob alles Schöne dieser Welt in Netzen hängen bleibt. In Netzen, die wir selbst gesponnen haben“, sagt die Protagonistin Nuray in einer Szene des Films. Das trifft in gewisser Weise auch auf den Film zu, der mit 167 Minuten Länge die Zeit vergessen lässt. Auf die Perspektive komme es an, lehrt Protagonist Samet seinen Schülern und Regisseur Ceylan lehrt es dem Publikum. 2023 feierte der Film im Wettbewerb von Cannes seine Weltpremiere. Darstellerin Merve Dizdar erhielt die Auszeichnung als beste Darstellerin. Die MOIN Filmförderung war an der Finanzierung des Films beteiligt – und so kommt das hiesige Publikum zu der Ehre, dieses filmische Netz voller Schönheit zu betrachten. 

Auf trockenen Gräsern -, Regie: Nuri Bilge Ceylan. Mit Deniz Celiloğlu, Merve Dizdar, Musab Ekici. 167 Min. Ab dem 16. Mai 2024 im Kino

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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