Filmkritik: „Eismayer“

„Eismayer“ ist der Debütfilm von David Wagner. Im Zentrum steht ein eiskalten Drill-Instruktor, der sich outet
Charles Eismayer (Gerhard Liebmann) hält seine Rekrturen auf Trab (©Salzgeber)
Charles Eismayer (Gerhard Liebmann) hält seine Rekrturen auf Trab (©Salzgeber)
„Eismayer“, ab dem 1. Juni 2023 im Kino (©Salzgeber)
„Eismayer“, ab dem 1. Juni 2023 im Kino (©Salzgeber)

Beim herrischen Vizeleutnant des österreichischen Bundesheeres, Charles Eismayer (Gerhard Liebmann), ist der Name Programm: Auf herzerwärmende Gedanken kommen seine Rekruten jedenfalls nicht, wenn sie in und außerhalb der Kaserne von ihrem Drill-Instruktor gefordert, getriezt und geschunden werden. Wer sich dem Gehorsam verweigert oder undiszipliniert ist, hat bei Österreichs gefürchtetstem „Schleifer“ nichts zu suchen. Schnell fühlt man sich an den drakonischen Gunnery Sergeant Hartman aus Stanley Kubricks „Full Metal Jacket“ erinnert: „Hier wird nicht gelacht, hier wird nicht geweint, garantiert, das prügele ich euch in die Köpfe rein.“

Mit diesem Meisterwerk der Filmgeschichte kann „Eismayer“ von Regisseur David Wagner nicht ansatzweise mithalten. Doch das kann auch nicht der Anspruch sein. Vielmehr geht es um die Gesinnung eines Menschen innerhalb eines auf Männlichkeit gepolten Systems. Eismayer hat Frau (Julia Koschitz) und Kind sowie die Vorstellung, dass dies auch gut so ist. Doch in Wahrheit ist der harte Kerl homosexuell – was keiner wissen soll und darf. Erst als der hübsche, junge, selbstbewusste und offen schwule Rekrut Mario Falak (Luka Dimić) in seiner Truppe landet, gerät sein Weltbild immer mehr ins Schwanken. Kann und will er ihm seine Zuneigung gestehen, oder wird er seine Maskerade aufrechterhalten, um sein Image nicht zu gefährden?

Eismayer lebt von den starken Darstellungen der Protagonisten

David Wagners Film basiert auf einer wahren Geschichte, die unter Österreichs Soldaten angeblich legendär ist. Das gibt dem Film jene Glaubwürdigkeit, die dieser aus sich selbst heraus bedingt erlangt. Zu unglaubwürdig erscheint einem der Wandel des brüllenden Wolfes zum schmusenden Schoßhund. Auch einige Szenen wie jene, als Ausbilder und Rekruten plötzlich allein unter der Dusche stehen, wirken klischeehaft. Und auch ein Lungenkrebs wird einfach mal mittels Disziplin besiegt. Wenn’s denn so einfach wäre. Dass der Film dennoch funktioniert, hat zum einen mit der linearen, wenngleich vorhersehbaren Erzählweise, aber auch mit den starken Darstellungen der Protagonisten zu tun. Diese machen den Film durchaus sehenswert. Filmgeschichte schreibt man so zwar nicht, wichtige Themen kann man auf diese Weise aber schon ansprechen.

„Eismayer“, Regie: David Wagner. Mit Gerhard Liebmann, Luka Dimić, Julia Koschitz. 87 Min. Ab dem 1. Juni 2023 im Kino.

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 06/2023 erschienen.

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