Filmkritik: „Roter Himmel“

„Roter Himmel“ ist Christian Petzolds neue Tragikomödie, deren Melancholie über ein Ende der Sorglosigkeit lange nachklingt
Leon (Thomas Schubert) verguckt sich in die Eisverkäuferin Nadja (Paula Beer) (©Schramm Film)
Leon (Thomas Schubert) verguckt sich in die Eisverkäuferin Nadja (Paula Beer) (©Schramm Film)
„Roter Himmel“ ab dem 20.4. im Kino (©Schramm Film)
„Roter Himmel“ ab dem 20.4. im Kino (©Schramm Film)

Es waren Fieberträume, die Christian Petzold zu seinem neuen Film gebracht haben. Vier Wochen lag er mit Covid flach und vor seinem inneren Auge flimmerten sonnendurchflutete Lichtungen und nächtlicher Wald. Und nachdem er in der Türkei ein Waldbrandgebiet besucht hatte, wo keine Blätter mehr rauschten und kein Vogel mehr sang, kam die Todesstille dazu. Das erzählte der Regisseur im Februar auf der Berlinale, wo sein Drama den Großen Preis der Jury gewann. Für einen Sommernachtstraum, den sein Kameramann Hans Fromm in Bilder goss, als würde der Rest der Welt gar nicht mehr existieren. Und eigentlich auch keine Zeit mehr, ganz so wie in den einstigen Filmen von Eric Rohmer und vielleicht auch Claude Sautet. Nur, dass hier junge Leute in einer Datsche an der Ostsee umeinander kreisen. Schnell wird klar, dass der hadernde Schriftsteller Leon (Thomas Schubert) sich in die Eisverkäuferin Nadja (Paula Beer) verguckt hat. Die allerdings bekommt nächtliche Besuche von dem Rettungsschwimmer Devid, der wiederum Felix näherkommt. Küche und Betten werden geteilt, immer wieder geht es an den Strand und abends gibt es Lasagne und Rotwein.

Eine Melancholie die nachklingt 

Auch der zweite Teil von Petzolds neuer Trilogie, die 2020 mit „Undine“ begann, kreist um die Romantik und um die Macht der Fantasie. Während Leon mit seinem zweiten Roman hadert, arbeitet Felix an seiner Mappe für die Kunstschule, es geht ums Schreiben, darum, was man mit Bildern sagen kann. Ganz Petzold-like wird große Literatur zitiert und wehen Mythen durch die Luft – und gleichzeitig erzählt Petzold dabei gegen jede Erwartung an. Denn als die Waldbrände immer näher rücken und es statt Sternschnuppen plötzlich Asche regnet, ist man ganz im Jetzt, inmitten des Klimawandels und den Realitäten einer Generation, die gleich auf mehrfache Weise ums Überleben kämpft. Und so klingt am Ende nicht nur Wallners wunderschön hypnotischer Song „In my Mind“ noch lange nach, sondern auch die Melancholie über ein Ende der Sorglosigkeit.

„Roter Himmel“, Regie: Christian Petzold. Mit Thomas Schubert, Paula Beer, Langston Uibel. 103 Min. Ab dem 20. April 2023 im Kino

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 04/2023 erschienen.

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