Filmkritik: „Treasure – Familie ist ein fremdes Land“

In der Tragikkomödie „Treasure – Familie ist ein fremdes Land“ betreibt Regisseurin Julia von Heinz übersentimentale Vergangenheitsbewältigung ohne Ideen
Ähnlich skeptisch wie Stephen Fry und Lena Dunham haben wir geguckt, als wir uns „Treasure“ angesehen haben (©Alamode Film)

Gerade mal zwei Tage vor seiner Berlinale-Premiere wurde der Film fertig. Doch nach dem Überfall der Hamas auf Israel wollte Regisseurin Julia von Heinz ihn so schnell wie möglich auf die Leinwand bringen. „Wir hatten das Gefühl, es ist genau der richtige Moment dafür.“ Denn wie Heinz’ Antifa-Thriller „Und morgen die ganze Welt“ und ihr Israel-Drama „Hannas Reise“ beschäftigt sich die Romanverfilmung „Treasure“ mit den Nachwirkungen des Holocaust.

Treasure: Wenige Suchbewegungen, viele Sentimentalitäten

„Treasure – Familie ist ein fremdes Land“ kommt am 12. September 2024 in die Kinos (©Alamode Film)

Schon früh hatte Heinz alle Bücher der Schriftstellerin Lily Brett gelesen, die als Tochter zweier Auschwitz-Überlebender von den Traumata schreibt, die sich gleich in mehrere Generationen eingeschrieben haben – und von dem Schweigen, das damit einherging. Und genau dieses Schweigen möchte die New Yorker Musikjournalistin Ruth Rothwax (Lena Dunham) brechen, als sie ihren Vater Edek (Stephen Fry) überredet, mit ihr nach Polen zu fliegen – 1990 und mitten hinein in ein fahles Land im Post-Kommunismus.

Es ist eine Reise, die Lily Brett selbst mit ihrem Vater unternommen hat und darüber ihren Bestseller „Zu viele Männer“ geschrieben hat. Mit Humor und auch mit Wut. Heinz blickt gnädiger auf die polnische Familie, die in der halb verfallenen Wohnung der Rothwax wohnt und ein Geschäft wittert, während Ruth auf Erlösung hofft – von ihren Ängsten, ihrer Essstörung und dem Zweifel daran, wer sie eigentlich ist. Sie möchte tief graben, ihr Vater aber will lieber das Haus von Chopin besuchen, flirten und Witze reißen. Und warum er sich weigert in den Zug zu steigen und stattdessen einen Fahrer engagiert, wird klar, als sie schließlich in Auschwitz ankommen.

Doch was kann das Unbegreifliche greifbar machen? Was bedeuten Orte, Familiengeschirr oder der Mantel des Großvaters? „Das ist ein Todeslager“, ruft Ruth irgendwann aufgebracht, als Auschwitz als Museum bezeichnet wird. Und in diesen Suchbewegungen hat „Treasure“ seine stärksten Momente. Doch nur selten hält der Film diese Spannungen aus, flüchtet sich in Sentimentalitäten und bleibt so weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.

Treasure – Familie ist ein fremdes Land“, Regie: Julia von Heinz. Mit Lena Dunham, Stephen Fry, Zbigniew Zamachowski. 110 Min. Ab dem 12. September 2024 im Kino

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Diese Kritik ist zuerst in SZENE HAMBURG 09/2024 erschienen. 

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