Mit ihrem letzten Roman „Nebenan“ stand die Hamburger Autorin Kristine Bilkau auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2022. Den hat letztlich zwar Kim de l’Horizon mit „Blutbuch“ gewonnen, an der literarischen Qualität von Bilkaus Dorfroman ändert dieser Umstand aber freilich nichts. Nun hat Bilkau vor Kurzem mit ihrem aktuellen Roman „Halbinsel“ in der Kategorie Belletristik den Preis der Leipziger Buchmesse zugesprochen bekommen, und das vollkommen zu recht. Denn auch darin gelingt es der Autorin einmal mehr, in ruhigem, fast schon lakonischem Ton dermaßen viel Existenzielles einzufangen, dass man die Welt danach mit neuen Augen sieht.
Das Buch spielt auf der titelgebenden Halbinsel im nordfriesischen Wattenmeer. Dort lebt die Witwe Annett, Ende vierzig, die ihre Tochter Linn dort allein großgezogen hat. Linn ist nun Mitte zwanzig und engagierte Umweltaktivistin – bis sie bei einem Symposium eines Tages zusammenbricht. Annett holt sie daraufhin zu sich, und diese neue Zusammenkunft von Mutter und Tochter beschreibt Bilkau dermaßen einfühlsam und sensibel, zeichnet die Figuren mit einem dermaßen feinen Strich, dass es einem wirklich die Schuhe auszieht, zumal daraus die ganz großen gesamtgesellschaftlichen Fragen abgeleitet werden können. Wirklich toll!
Diese Kritik ist zuerst in SZENE HAMBURG 05/25 erschienen.