Sanaz M. und Claudia J. sind nicht nur gut befreundet, sondern auch gemeinsam als Aktivistinnen aktiv. Sanaz lebt in Hamburg und hat die ersten elf Jahre ihres Lebens in Iran verbracht. Claudia hat über angeheiratete Familienmitglieder seit Kindesalter einen Bezug zu Iran. Seit Beginn der Proteste in Iran im Herbst 2022 gehen die beiden Frauen regelmäßig auf Demonstrationen und Kundgebungen und versuchen Aufmerksamkeit für die mehrheitlich von Frauen geführte Protestbewegung zu schaffen.
Eine Stimme für Iranerinnen
„Die Hauptmotivation ist einfach: Es geht um Menschenrechte, insbesondere Frauenrechte! Es sind Frauen, die damit angefangen haben und es sind auch Frauen, die weiter dabei bleiben“, sagt Claudia. Auch für Sanaz steht der Kampf für Frauenrechte im Fokus. Insbesondere ihre eigenen Erfahrungen von Unterdrückung in Iran waren für sie prägend. „Irgendwann habe ich gesagt: Wie schön wäre das, wenn es irgendwann mal anders sein könnte. Als die Bewegung anfing, war es für mich ein: Jetzt ist es so weit.“ Schnell tun sich die Freundinnen zusammen, das Besuchen von Demos und Veranstaltungen reicht ihnen nicht mehr. Zunächst fangen sie an, Buttons mit politischen Motiven selbst zu produzieren und zu verteilen. Mittlerweile sind es über 4000 handgefertigte Exemplare. Schnell fällt den beiden auf, dass bei den Demonstrationen hauptsächlich Menschen aus der iranischen Community präsent sind und kaum Menschen anderer Nationalitäten, die sich aktiv solidarisieren. Das läge sicher auch daran, so Sanaz, dass viele Menschen, die einen direkten Bezug zu Iran haben, ganz andere Informationsquellen haben und wissen: „Es ist viel schlimmer, als es in den deutschen Medien aussieht.“
„Hamburg ein bisschen wachrütteln“
Kurz vor Weihnachten beschließen die Frauen, dass es mehr Aktionen brauche, die „Hamburg ein bisschen wachrütteln“, erinnert sich Claudia. Gemeinsam mit einer Grafikdesignerin entwickeln sie ein Motiv, lassen dieses schützen und bedrucken zwei Hamburger Linienbusse mit dem Motiv und der Aufschrift „Frauenrechte sind Menschenrechte“. Doch es bleibt nicht nur bei diesen Aktionen. Für eine Demonstration vor dem Europaparlament in Straßburg am 16. Januar organisieren sie Reisebusse, um Hamburger:innen/Iraner:innen die Möglichkeit zu geben, sich an den Protesten zu beteiligen. Die Tickets verkaufen sie zum Selbstkostenpreis sowie zusätzliche auf Spendenbasis, sodass sich auch Menschen mit geringem Einkommen die Anreise leisten können. Protestiert wird für einen härteren Umgang mit dem iranischen Regime. Die 30.000 Menschen in Straßburg fordern, dass die sogenannten Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste gesetzt werden.
Hoffnung bleibt
In den kommenden Monaten planen die beiden weitere Aktionen, um mehr Sichtbarkeit für die mit Füßen getretenen Frauen- und Menschenrechte in Iran zu schaffen. Denn der Systemwandel in Iran scheitere bis jetzt daran, dass der Westen nicht mitziehe, sagt Sanaz. Dennoch bleiben die beiden hoffnungsvoll, erzählen, was sie alles vorhaben, reden sogar schon darüber, was nach der Revolution kommt. Sanaz sagt entschlossen: „Es gab immer schon Proteste. Aber es fühlt sich anders an. Diesmal ist es wirklich so, dass wir was erreichen werden.“
Alle Heldinnen und Helden aus dem Februar 2023:
- Nancy Menk von Das Geld hängt an den Bäumen
- Mitra Kassai von Oll Inklusiv
- „Ziko“ von der Embassy of Hope
- Die Haspa Musik Stiftung
Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 02/2023 erschienen.