Kinoeröffnung: Licht aus, Film ab!

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Endlich: Die Hamburger Kinos öffnen. Ab dem 1. Juli knistert, knallt und kracht es wieder auf der großen Leinwand. Selten gab’s so viele gute Filme auf einmal zu bestaunen. Highlights sind die Oscar-Gewinner „Nomadland“ und „Der Rausch“. Die Kinobetreiber freuen sich und zählen auf die Treue des Hamburger Kinopublikums

Text: Marco Arellano Gomes

Laaaaaaaang hat’s gedauert. Seit Anfang November 2020 waren die Filmtheater geschlossen, die Säle blieben dunkel, die Filmliebhaber zu Hause. Nun ist es soweit: Die Kinobetreiber öffnen – voller Vorfreude und mit jeder Menge guter Filme.

Durch die Einführung des Schachbrettmusters stehen mehr Plätze zur Verfügung als zuvor. Die Auslastung der Säle kann dadurch in aller Regel auf etwa 50 Prozent (statt bislang 30) erhöht werden. Das ist ein deutlicher Gewinn zu den Bedingungen im vergangenen Sommer, als die Kinos für wenige Monate öffneten. Auch Getränke und Popcorn dürfen in diesem Jahr verkauft und verzehrt werden. Hierzu darf, wie die Behörde für Kultur auf Anfrage mitteilte, „kurzzeitig die Maske abgenommen werden“. Grundsätzlich bleibt es aber bei der Maskenpflicht in Innenräumen.

Gemeinsam statt einsam

Wie dem auch sei: Eine Aufbruchsstimmung macht sich breit. „Endlich wieder Kino!“ – nach all den Monaten der Entsagung. Endlich wieder Filme mit bestem Ton auf der großen Leinwand. Gemeinsam statt einsam. Die Kinobetreiber sind optimistisch bis euphorisch. Fleißig haben sie ihre Programme zusammengestellt, um dem Publikum ein unvergleichliches Filmerlebnis zu bieten. Ein Großteil von ihnen öffnet am 1. Juli ihre Tore (3001, Abaton, Alabama, ASTOR Film Lounge, Cinemax Dammtor, Wandsbek, Harburg, Magazin, Passage) – andere wollten nicht so lange warten und öffneten bereits am 17. Juni (Studio Kino, UCI-Multiplexe in Wandsbek, Othmarschen Park und Mundsburg), am 18. Juni (Metropolis), am 19. Juni (B- Movie), am 22. Juni (Zeise Kinos), am 24. Juni (Savoy Filmtheater mit den Fantasy Filmfest Nights) und am 30. Juni (Koralle). Hamburg ist eben vielfältig – auch was die Öffnungstage angeht.

Die Kinos müssen wie eh und je die bekannten Hygienekonzepte aufbieten: Desinfektionsmittel müssen bereitstehen, Abstand gewahrt und die Gäste mit ihren Kontaktdaten erfasst werden. Zusätzlich muss jedoch ein aktueller negativer Corona-Test oder der Nachweis einer Impfung beziehungsweise Genesung erbracht werden. Die Masken dürfen – wie erwähnt – auch im Saal nicht abgenommen werden, mit Ausnahme der Nahrungsaufnahme. Auf die Rückfrage, wie man sich das genau vorzustellen habe, sagte ein Kinobetreiber scherzhaft: „Na ja, wenn einer den ganzen Film lang an seiner Flasche nuckeln möchte, kann man wohl schwerlich etwas dagegen machen!“

„Filme genießen, statt sie bloß zu streamen“

Matthias Elwardt, Zeise Kinos

Christine Berg, Vorstandsvorsitzende vom Hauptverband Deutscher Filmtheater e. V. (HDF), wies immer wieder darauf hin, dass sich der Betrieb der Filmtheater ohne den Verkauf von Getränken und Popcorn in den meisten Fällen nicht lohne. Angesichts der effektiven Belüftungsanlagen, des Impffortschritts und der bundesweit sinkenden Infektionszahlen sei die Maskenpflicht Frau Berg zufolge ohnehin schwer nachvollziehbar. Mit dem Kompromiss können viele der Betreiber aber leben. Nun geht es darum, „die Filme zu genießen, statt sie bloß zu streamen“, sagt Matthias Elwardt von den Zeise Kinos.

Das sieht auch die Filmförderung Hamburg-Schleswig-Holstein so. „MOIN – Die erste Runde geht auf uns“ ließ diese am 15. Juni wissen und kündigte eine große Freikartenaktion zur Kinowiedereröffnung an. 16 Kinos in Hamburg machen mit. Der Eintritt ist in allen teilnehmenden Häusern am ersten Juliwochenende – von Donnerstag bis Sonntag für eine Vorstellung ausgewählter Filme frei. „Werft das Popcorn in die Höhe, die Kinos öffnen wieder!“, sagte Helge Albers, Geschäftsführer der Filmförderung. Ab sofort heißt es wieder: „Runter von der Couch – ab ins Lieblingskino ums Eck!“ so Albers.

„Bestes Filmangebot seit Jahren“

Felix Graßmann, Abaton Kino

An Filmangeboten mangelt es beim diesjährigen Kinostart nicht: Zwar lassen Blockbuster, wie der bereits dreimal verschobene neue Bond-Film „007 – Keine Zeit zu sterben“ (derzeitiger Starttermin: 30.9.), noch auf sich warten, doch mit den diesjährigen Oscar-Gewinnern „Nomadland“ (Bester Film und Beste Regie) sowie „Der Rausch“ („Bester nicht-englischsprachiger Film“) stehen gleich zwei Hochkaräter in den Startlöchern. „Das ist das beste Filmangebot seit vielen Jahren“, sagt Felix Graßmann, Leiter des Abaton. „Noch nie war es so einfach, das Programm mit guten Filmen zu füllen. Da hat sich richtig was angestaut.“ Im Juli starten unzählige Filme, die darauf warten, im Kino entdeckt zu werden. Filme die verzaubern, erstau- nen und zum Nachdenken anregen.

Aufgehübscht

Das Kino muss seine Ausnahmestellung nun unter Beweis stellen. Das wissen die Betreiber in Zeiten des Streaming nur zu gut. Viele von ihnen haben die vergangenen Monate genutzt, um ihre Lichtspielhäuser aufzuhübschen und hochzurüsten. Die Zeise Kinos und das Blankenese Kino ließen nigelnagelneue Soundanlagen mit Dolby 7.1.-Sound der neuesten Generation in ihren Hauptsälen einbauen, das Hansa-Filmstudio in Bergedorf ließ in seinen Toiletten Türen anbringen, auf denen Filmikonen wie Marylin Monroe, Julia Roberts oder Harrison Ford abgebildet sind. Die Kinobetreiber-Familie Jansen hat für alle ihre Kinos (Blankeneser Kino, Studio-Kino, Elbe-Filmtheater und Koralle) neue und modernisierte Websites entwickelt.

„Die Wiedereröffnung bringt uns ein grundsätzliches Gefühl der Freude und ermöglicht emotionale Gemeinschaftserlebnisse vor der großen Leinwand“, sagt auch Hans-Joachim Flebbe, Betreiber der ASTOR Film Lounge und des Savoy. Einen gewissen Groll aufgrund der Ungleichbehandlung hegt er aber noch: „Wir waren die Ersten, die schließen mussten und sind die letzten, die wieder an den Start gehen. Noch einmal wollen wir dies nicht erleben müssen – zumal Kinos immer sichere Orte sind und waren.“ Jetzt heißt es nach vorne schauen und große Emotionen auf der großen Leinwand ermöglichen: „Unser ASTOR wird wie zuvor auch ‚gehobenen Mainstream‘ anbieten. Wir freuen uns, wenn sich das Publikum dazu wieder in den bequemen Sesseln von unserem Team verwöhnen lässt.“

Das Metropolis, das 3001, das Magazin Filmkunsttheater und das B-Movie wiederum bieten ihre kuratierten Filmklassiker und Filmperlen, die ihre Leidenschaft für die Filmkunst und Filmgeschichte zum Ausdruck bringen. In Hamburg gibt es eben für jeden Filmgeschmack ein passendes Angebot. Das macht den Reiz der Kino-Stadt Hamburg aus. „Die Leute haben keine Lust mehr aufs Alleinsein“, so Hans-Peter Jansen. Sohn Nick Jansen, Geschäftsführer und Leiter des Studio-Kino, freut sich auf den Neustart. „Es fühlt sich ein bisschen so an, als würde man ein neues Kino eröffnen. Eine Mischung aus Aufregung, Anspannung und Vorfreude.“ Das Studio-Kino öffnete als eines der ersten, dicht gefolgt von den Zeise Kinos. „Filme sind für die große Leinwand gemacht“, sagt Zeise-Chef Matthias Elwardt. „Wenn man sich die Kameraaufnahmen in ‚Der Rausch‘ ansieht, wie sie komponiert sind, da sieht man das Schauspiel wie unter einer Lupe vergrößert auf der Leinwand. Man kann sich dem Rausch der Bilder einfach nicht entziehen und gibt sich ihnen hin.“

Das Kino-Imperium schlägt zurück

Es sieht so aus, als könnte das Kino seine mit Abstand schwerste Krise überleben und ein rauschhaftes Comeback erleben. Das Geschäftsmodell Kino hat in dem Moment an Attraktivität gewonnen, als es nicht mehr zur Verfügung stand. Das zeigt auch eine überraschende Ankündigung: Im südlichen Überseequartier (also mitten in der HafenCity), wurden Ende Mai erste Mieter aus dem Bereich Einzelhandel und Unterhaltung für die große, geplante Shoppingmeile bekannt gegeben: ein Legoland Discovery Centre und – man höre und staune! – ein weiteres Premium-Multiplex-Kino mit 10.000 Quadratmetern, zehn Sälen und mehr als 2.300 Sitzplätzen. Es wird das größte Kino Hamburgs sein und das erste Dolby Cinema Norddeutschlands, betrieben von der deutschlandweit agierenden Kette Kinopolis. Das Kino-Imperium schlägt zurück. Also: Licht aus, Film ab!


 SZENE HAMBURG Stadtmagazin, Juli 2021. Das Magazin ist seit dem 26. Juni 2021 im Handel und auch im Online Shop oder als ePaper erhältlich!

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