„Kino ist der perfekte Ort gegen Einsamkeit“

Matthias Elwardt mit Fatih Akin_©Heike Blenk-klein
Matthias Elwardt (l.) von den Zeise Kinos freut sich über publikumsstarke Filme wie „Rheingold“ von Fatih Akin (r.) (©Heike Blenk)

Matthias Elwardt, Geschäftsführer der Zeise Kinos in Ottensen, über die Situation und Bedeutung der Kinos, kommende Filmhighlights und was ihn optimistisch stimmt

Text: Marco Arellano Gomes 

SZENE HAMBURG: Matthias Elwardt, Pandemie, Krieg in der Ukraine, Energiekrise und Inflation machen der Gesellschaft und auch der Kultur zu schaffen. Wie geht es den Hamburger Kinos zurzeit?

Matthias Elwardt vom Zeise Kino: Wir sind noch nicht bei den Besucherzahlen von vor Corona. Wir müssen uns anstrengen, um das Publikum wieder zu gewinnen. Das ist betriebswirtschaftlich nötig, weil alles teurer geworden ist: Miete, Energiekosten, Löhne. Aber ich bin zuversichtlich, dass die Leute das Gemeinschaftserlebnis Kino zu schätzen wissen.

Wie kann man dafür sorgen, dass das Publikum wieder in die Kinosäle zurückfindet?

Das Wichtigste sind publikumsstarke Filme. Das wird jetzt besser, mit „Triangle of Sadness“, „Rheingold“ und „Mittagsstunde“. Das lässt hoffen.

„Kinos brauchen jeden Monat eine Lokomotive“

Was braucht es noch für den Erfolg?

Wir haben viele Veranstaltungen mit Gästen. Im Dezember haben wir die siebte Veranstaltung zum Film „Mittagsstunde“. Regisseur Lars Jessen ist wieder dabei und zum ersten Mal kommen die Romanautorin Dörte Hansen und Drehbuchautorin Catharina Junk. Auch das Filmquiz mit dem großartigen Filmexperten Rex Kramer kommt am 22. Dezember wieder nach Hamburg. Ansonsten versuchen wir auch mit lokalen Filmen zu punkten.

„Menschen brauchen das Kino – gerade in schwierigen Zeiten.“
Matthias Elwardt

Bislang kehrt das Publikum noch nicht so recht in die Kinos zurück. Spielt nicht auch eine Rolle, dass viele lieber zu Hause streamen?

Das Problem ist, dass die Streamingportale viele Kreative binden. Wenn man mal überlegt: Der letzte Leonardo DiCaprio-Kinofilm wurde 2018 gedreht. Und wann haben die Coen-Brüder oder Scorsese zuletzt einen Kinofilm gemacht? Die Kinos brauchen im Idealfall jeden Monat eine Lokomotive – den einen Film, der das Kino ins Bewusstsein der Menschen bringt.

Kino: Ein Ort des Zusammenkommens

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Seit 1993 ist in den historischen Zeisehallen das Kino Zuhause (©Heike Blenk)

Während der Pandemie erhielten die Kinos Hilfen vom Staat. Was droht nach Auslaufen dieser Hilfen?

Der Sonderfond Kulturveranstaltungen bietet eine gewisse Absicherung. Aber diese Hilfe läuft Ende des Jahres aus. Was ab 2023 folgt, wissen wir noch nicht. Die Kosten sind alle extrem gestiegen, Kinos sind energieintensive Orte.

Drohen dann Preiserhöhungen?

Im Augenblick werden wir die Preise so belassen, wie sie sind. 2023 werden wir wohl nicht um eine moderate Preiserhöhung herumkommen. Wir werden aber darauf achten, dass es die Menschen nicht überfordert. Das Kino soll für möglichst viele ein Ort des Zusammenkommens bleiben. Da sind wir vorsichtig und respektvoll.

„Der Streaming-Hype scheint vorbei“

Hans-Joachim Flebbe, Inhaber der ASTOR FILMLOUNGE befürchtet ein großes Kinosterben …

… das hoffe ich nicht. Wir bieten mit dem Kino ein unvergleichliches Gemeinschaftserlebnis. Menschen brauchen das Kino – gerade in schwierigen Zeiten.

„Sich zum Kino zu verabreden ist eine sehr niederschwellige, vergleichsweise kostengünstige Möglichkeit“
Matthias Elwardt

Auch Hollywood-Regisseur Roland Emmerich ist der Ansicht, dass das Kino „ein Auslaufmodell“ sei …

… Kino ist nach wie vor ein gutes, vernünftiges Rezept. Wir müssen ein neues Publikum erreichen und zugleich diejenigen wieder zurückholen, die sich daran gewöhnt haben, Filme vorzugsweise zu Hause zu sehen. Streaming ist wirtschaftlich schwierig – die müssen auch schauen, dass sie profitabel werden und bleiben. Der Hype scheint jedenfalls vorbei zu sein.

Vorfreude auf Oscar-Kandidaten

Warum lohnt es sich, die heimische Couch zu verlassen und ins Kino zu gehen?

Das Kino ist der perfekte Ort gegen Einsamkeit. Sich zum Kino zu verabreden ist eine sehr niederschwellige, vergleichsweise kostengünstige Möglichkeit – wesentlich günstiger als beispielsweise ein Restaurant- oder Theaterbesuch.

Auf welche Kinofilme sollte sich die Hamburger besonders freuen?

„She Said“ von Maria Schrader finde ich sehr stark. „Räuber Hotzenplotz“ wird die Familien begeistern. Im Januar/Februar kommen dann die Festival-Lieblinge und Oscar-Kandidaten: „The Banshees of Inisherin“, „Tár“, mit der großartigen Cate Blanchett, aber auch „The Fabelmans“ von Spielberg und „Babylon“ vom „La La Land“- Regisseur Damien Chazelle.

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