„L’immensità – Meine fantastische Mutter“ ist der wohl persönlichste Film des Filmemachers Emanuele Crialese („Lampedusa“). Sein erster Spielfilm nach 14 Jahren Pause brachte ihm auch seine dritte Einladung zu den Filmfestspielen von Venedig ein, wo er sich bei der Gelegenheit als trans Mann outete. Das Jugenddrama, das auf seiner eigenen Kindheit beruht, porträtiert die italienische Familie Borghetti im Rom der exzentrischen 1970er-Jahre. Lustvoll. Dramatisch. Lebensfroh.
Adriana (erstaunlich: Luana Giuliani), das älteste von drei Kindern, bewundert ihre bildhübsche Mutter Clara (grandios: Penélope Cruz), die nicht nur liebe- und verständnisvoll, sondern auch bemüht ist, die in einem Umbruch befindliche Familie zusammenzuhalten, ohne die Nerven zu verlieren. Ihr Mann geht fremd, ihre Tochter sagt, sie heiße Andrea und sei von einer anderen Galaxie und die Schwiegermutter wacht mit Argusaugen über die Erziehung der drei Bambini.
Das moderne Apartment kann nicht darüber hinwegtäuschen: Die Liebe zwischen Clara und ihrem autoritären Ehemann Felice (Vincenzo Amato) ist erloschen, doch umso stärker ist die innige Beziehung zu ihren drei Kindern. Insbesondere ihrer zwölfjährigen Tochter Adriana, die dem Leben mit großer Ernsthaftigkeit und Skepsis begegnet, vermittelt sie den Hang zur Fantasie, Musik und Lebensfreude. Fast scheint es, dass sie die Rollen vertauschen, so verletzlich ist die starke Mutter, so gefestigt die unsichere Tochter. Als Adriana damit beginnt, sich in der Nachbarschaft als Junge vorzustellen, droht das fragile Band, das die Familie zusammenhält, zu reißen …
„L’immensità“: Eine Einladung aus der Konformität auszubrechen
14 Minuten Standing Ovations gab es nach der Weltpremiere in Venedig. Auch beim Sundance Festival kam der Film gut an. Das wundert nicht: Großartige Bilder, stimmungsvolle Musik und bezaubernde Darstellungen, insbesondere der Newcomerin Luana Giuliani, tragen diesen Film trotz der thematischen Schwere mit einer leidenschaftlichen Leichtigkeit. „L’immensità“ ist eine Einladung aus der Konformität auszubrechen, ohne didaktisch oder moralisch zu wirken. Vielmehr feiert der Film das Leben und den Wert der Liebe – zwischen Mutter und Kind und zwischen den Menschen. Eine berührende filmische Freude.
„L’immensità – Meine fantastische Mutter“, Regie: Emanuele Crialese. Mit Penélope Cruz, Luana Giuliani, Vincenzo Amato. 94 Min. Ab dem 27. Juli 2023 im Kino
Hier gibt’s den Trailer zum Film:
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Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 07/2023 erschienen.