Literaturkritik: Von Einhörnern, betreutem Trinken und dem toskanischen Wald

Marko Richter-Höfer erzählt in „Ida und Soraya – das magische Portal“ von einer außergewöhnlichen Freundschaft. Florence Mends-Cole und Patricia Neumann dokumentieren in „Daniela – Das Buch: Drei Jahrzehnte betreutes Trinken“ den Weg aus der Sucht und Carlo Cassola widmet sich in „Ins Holz gehen“ dem Schmerz eines tiefen Verlusts
Neue Literaturkritiken zu „Ida und Soraya – Das magische Portal“, „Daniela – Das Buch: Drei Jahrzehnte betreutes Trinken“ und „Ins Holz gehen“ (©tredition/Junius/Kampa)

Ida und Soraya – Das magische Portal

„Ida und Soraya – Das magische Portal“ ist im tredition Verlag erschienen (©tredition Verlag) 

Kinderbücher von Autoren aus Hamburg und dem Umland gibt es wie Sand am Elbstrand. Gefühlt erscheinen täglich Dutzende neue – und gute sind Mangelware. Aber es gibt gute. Und das hier ist ein besonders gutes: „Ida und Soraya – das magische Portal“ von Marko Richter-Höfer. Der Diplom-Pädagoge und Systemische Psychologische Berater aus Lüneburg behandelt darin die großen Themen Freundschaft und Mut zur Selbstverwirklichung. Seine Geschichte hat zwei Heldinnen: Ida und Soraya, logisch. Ida ist Prinzessin, zumindest ist das ihr Titel. Dem wird sie weder äußerlich, noch charakterlich gerercht. Bei ihr heißt es: Gummistiefel statt Schickimicki, Abenteuerlust statt langweiliges Schlossleben. Und Soraya ist ein sprechendes Einhorn. Tollpatschig, humorvoll, fürsorglich. Soraya sind die Grenzen und Regeln in ihrer Einhornheimat fremd. Genau wie Ida sucht sie Abwechslung. Die Begegnung der beiden: völlig zufällig. Auf einer geheimen Lichtung entdeckt die Prinzessin das erschöpfte Fabeltier. Wie es dorthin kam, ist ein Rätsel. Ebenso, wie Soraya den Weg nach Hause finden soll. Für die beiden kein Grund zur Panik, eher zu – genau – einem Abenteuer. Richter-Höfer erzählt die Reise von Ida und Soraya durch zauberhafte Welten mit einer Sprache, die so fein und fantasievoll ist, wie sie für einen Kinderroman nur sein kann. Gepaart mit großem Ideenreichtum, kreiert er 19 – übrigens Schwarz-Weiß illustrierte – spannende Kapitel. Und gemeint ist die Sorte Spannung, die auch erwachsene Vorleser mitreißen kann.

Daniela – Das Buch: Drei Jahrzehnte betreutes Trinken

„Daniela – Das Buch: Drei Jahrzehnte betreutes Trinken“ ist im Junius verlag erschienen (©Junius Verlag)

In Hamburg gibt es ja einige Bars und Kneipen, die man durchaus legendär nennen kann: Ritze, Silbersack, BernsteinBar … die Liste, würde man sie denn weiter ausführen, wäre lang. Und ohne Frage gehört auch eine ehemalige Kneipe am Schulterblatt dazu, die es seit 2022 leider nicht mehr gibt: die Daniela-Bar. Dreißig Jahre lang war sie eine feste Institution in der Schanze, bis sie vor zwei Jahren Corona-bedingt schließen musste. Aber wie heißt es doch so schön: Die Legende lebt weiter, und so haben die ehemaligen Betreiberinnen Florence Mends-Cole und Patricia Neumann zusammen mit Weissraum Design nun ein Buch über die Daniela-Bar veröffentlicht, das „Drei Jahrzehnte betreutes Trinken“ dokumentiert. Auf 240 Seiten wurde der legendären Bar ein gedrucktes Denkmal errichtet, in dem die Betreiberinnen, Gäste und Freunde des Hauses zu Wort kommen und in dem mit zahlreichen Fotos an legendäre Nächte erinnert wird. Ein unterhaltsames und spannendes Dokument Hamburger Ausgehkultur und angemessene Würdigung einer Legende.

Ins Holz gehen 

„Ins Holz gehen“ ist im Kampa Verlag erschienen (©Kampa Verlag)

Der Holzfäller Guglielmo hat einen schweren Verlust zu betrauern: Seine Frau Rosa ist vor Kurzem überraschend und viel zu jung gestorben, und das setzt ihm logischerweise arg zu. Doch er muss Geld verdienen nicht nur für sich, sondern vor allem für seine beiden Töchter. Also bringt er sie zu seiner Schwester und macht sich daran, in einem toskanischen Wald Holz zu schlagen. Dabei ist er nicht allein, er hat ein paar Arbeiter dabei: den 20-jährigen Angeber Germano, den faulen Geschichtenerzähler Francesco, den langweiligen Amedeo und den sehr speziellen Fiore. Gemeinsam schlagen sie in nie enden wollender Monotonie Baum um Baum – eine Zeit, in der Guglielmos Gedanken immer wieder um seine Frau schweifen, wenn die Männer sich nicht irgendwelche Geschichten erzählen oder zusammen Karten spielen. Ein Buch, das auf wenigen Seiten in unaufgeregt-reduzierter Einfachheit wahnsinnig tief eintaucht: in den toskanischen Wald, in Guglielmos Herz und in die eigene Seele.

Diese Kritiken sind zuerst in SZENE HAMBURG 12/2024 erschienen. 

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