3 Fragen an … Lucca Züchner

Lucca Züchner erhielt 2022 den Monica Bleibtreu Preis für ihre Interpretation von „Kitzeleien – Der Tanz der Wut“ nach dem französischen Original Les Chatouilles ou La Danse de la Colère von Andréa Bescond. Jetzt ist sie mit dem Stück zurück in den Hamburger Kammerspielen
Lucca Züchner ist aktuell mit ihrem Solo „Kitzeleien – Der Tanz der Wut“ in den Hamburger Kammerspielen zu sehen (©Cordula Treml)

SZENE HAMBURG: Lucca Züchner, „Kitzeleien – Der Tanz der Wut“ ist auf mehreren Ebenen eine ungewöhnliche Herausforderung: Thematisch geht es darum, wie eine erwachsene Frau den sexuellen Missbrauch aus ihrer Kindheit be- oder verarbeitet. Wie haben Sie sich diesem Stück genähert?

Lucca Züchner: Der Zugang zu diesem Stück lag in seiner klaren Form. Es ist eine starke Setzung, alle Dialoge mit sich selbst zu führen. Dies verlangt, das gesamte Stück wie eine Choreografie zu begreifen, was sehr dabei hilft, sich emotional auf das schwierige Thema einzulassen. Die Autorin Andrea Bescond zeichnet die Figuren mit einem wundervollen, lebensrettenden Humor und schafft großartige Situationskomik. Die zentrale Figur Odette ist vor allem wütend. Damit kann ich mich gut identifizieren. 

„Jede Figur hat einen physischen Anker“

Mit der Produktion „Kitzeleien – Der Tanz der Wut“ der Kulturbühne Spagat München kommt sie jetzt nach Hamburg: Lucca Züchner (©Urban Ruths)

In dem Solo von 90 Minuten übernehmen Sie zwölf unterschiedliche Rollen, wie funktionieren die Verwandlungen – äußerlich und innerlich?

Um die Figuren klar voneinander abzusetzen, braucht es starke körperliche Veränderungen. Jede Figur hat einen physischen Anker: Die eine ist bis zum Hals ins Korsett geschnürt, die andere hat ständig die geballte Faust in der Hosentasche. Das bestimmt Bewegungen und Stimme. Es gibt keinerlei Kostümwechsel. Jeder dieser Menschen handelt aus einem Bedürfnis heraus. Meine Aufgabe ist es, diese Bedürfnisse zu meinen eigenen zu machen. Die Wechsel zwischen den Rollen gilt es, knallhart zu trainieren, ohne nachzudenken, damit ein Dialog entsteht. Das ist wie eine eigene Sportart.

Tanzen hilft der Figur, flieht sie dabei per Vorstellungskraft in eine andere Körperlichkeit?

Im Tanz kann Odette ausdrücken, was sie nicht aussprechen kann. Dann ist sie ganz sie selbst, frei von Scham und Schuldgefühlen. Gleichzeitig versucht sie, durch den Tanz zu kommunizieren, damit man sie hört, ihr Leiden versteht. Odette versucht auch, mit dem Tanz in eine Gemeinschaft oder an Orte zu fliehen, wo sie vermeintlich geschützt ist, so weit weg wie möglich vom Zugriff des Täters. Diese Flucht funktioniert zuerst nicht, aber sie findet schließlich einen großartigen anderen Weg. 

„Kitzeleien – Der Tanz der Wut“, 12.Oktober 2023 (Premiere), weitere Vorstellungen: 13.–15.10., 18.–22., 25.–29.10. in den Hamburger Kammerspielen

Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 10/2023 erschienen.

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