„Die Purpursegel“: Auf und davon

Nach seinem Achtungserfolg „Martin Eden“ zaubert Regisseur Pietro Marcello mit „Die Purpursegel“ eine weitere traumhafte Filmperle voll Erhabenheit und Schönheit auf die Leinwand
Juliette Joua in „Die Purpursegel“
Juliette (Juliette Jouan) träumt in „Die Purpursegel“ von einem anderen Leben (©G CINÉNEMA/Piffl Medien)

Raphaël (Raphaël Thiéry) kehrt als Veteran des Ersten Weltkriegs in sein Dorf in Nordfrankreich zurück. Dort muss er feststellen, dass seine Frau inzwischen verstorben ist. Hinterlassen hat diese ihm allerdings unverhofft ein Neugeborenes namens Juliette, die von der Witwe Adeline (Noémie Lvovsky) aufgenommen wurde. Erst nach und nach erfährt Raphaël, der als Handwerker mit der Verarbeitung von Holz sein Geld verdient, die näheren Umstände des Todes seiner Frau und geht in der Folge auf Distanz zu den Bewohnern des Dorfes.

Seine Tochter Juliette (Juliette Jouan) entwickelt sich derweil zu einer rebellischen, eigensinnigen jungen Frau, die romantisch veranlagt ist, Bücher liest, gern musiziert und singt. Im Wald begegnet sie bei ihren Spaziergängen einer älteren Frau (Yolande Moreau), die ihr wahrsagt, dass sie eines Tages von Purpursegeln aus dem Dorf fortgetragen würde. Als ein junger nobler Mann (Louis Garrel) mit seinem Zwei-Mann-Flugzeug eine Bruchlandung hinlegt, kreuzen sich ihre Wege. Bietet er ihr die besagte Chance aus der kleinen Welt auszubrechen?

„Die Purpursegel“: Ein Drama voller Schönheit

„Die Purpursegel“: Eine weitere traumhafte Filmperle von Pietro Marcello (@G CINÉNEMA/Piffl Medien)
„Die Purpursegel“: Eine weitere traumhafte Filmperle von Pietro Marcello (@G CINÉNEMA/Piffl Medien)

Regisseur Pietro Marcello hat mit „Martin Eden“ Kritiker und Kinobesucher von seinem einzigartigen Erzählstil überzeugt. Diesem bleibt er auch in seinem neuen Werk „Die Purpursegel“ treu, wenngleich dieses einen deutlich kleineren Rahmen hat und auch einfühlsamer ist. Auch diesmal setzt Marcello auf 16mm-Filmmaterial, das dem Bild eine körnige Atmosphäre verleiht (Kamera: Marco Graziaplena). Diese Bilder unterbricht er auch diesmal wieder durch den gelegentlichen Einsatz von historischem Bildmaterial, um der Handlung eine zeitliche Dimension zu verleihen.

Hier hat ein Filmemacher eindeutig eine eigene filmische Handschrift entwickelt. Was seine Filme aber besonders machen, ist die Fähigkeit, die Zuschauer in die Handlung eintauchen zu lassen. Dies gelingt durch den Fokus auf die Charaktere und ihre Handlungen, die liebevoll und voller Faszination zelebriert werden – vom Musizieren, Singen bis hin zum Verarbeiten von Holz. Ebenso verhält es sich mit der Umgebung, deren Zauber in wundervollen, geradezu verträumten Bildern offenbar wird. Hier ist ein Könner am Werk: Das spürt, sieht und hört man. Für Letzteres sorgt allein schon die großartige Filmmusik des Komponisten und Oscar-Preisträgers Gabriel Yared („Der englische Patient“).

Es ist nicht ganz klar, welchem Genre dieser Film eigentlich zuzuordnen ist. Ist es eine Emanzipationsgeschichte, ein Volksmärchen, eine Liebesgeschichte, eine vielschichtige Fabel, ein Musical, ein Historienfilm? Letztlich ist es von allem ein bisschen und doch ein großes Ganzes; ein Drama voller Schönheit und magischer Filmmomente; eine Filmperle, die darauf wartet, im Kino entdeckt zu werden.

„Die Purpursegel“, Regie: Pietro Marcello. Mit Juliette Jouan, Raphaël Thiéry, Noémie Lvovsky. 105 Min. Ab  dem 6. Juli 2023 im Kino

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 07/2023 erschienen.

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