Plädoyer: Kläffen für den Golden Pudel Club!

Golden Pudel Club Hamburg

Streit, Brand, Versteigerung, Minipudel … Turbolente Zeiten für den Club am Fischmarkt. Andrea Rothaug, Mitbegründerin der Hanseplatte, bezieht Stellung

Egal, wohin die Schnauze schnüffelt, hier im Porscheghetto St. Pauli – an diesem Rudel kommen wir nicht vorbei: Ratkat, Helena Hauff, Felix Kubin, Lawrence, Knarf Rellöm, Nika Son, Superdefekt, DJ Patex, Phoung-Dan, Ada, Dietroiter, F#X, Efdemin, Cindy Looper, DJ DSL, Lektrogirl, Marc Schneider, Nina, RvdS, Joney, Booty Carrell, Yeşim Duman, Ralf Köster, Smallpeople, L.C. Knabe, Viktor Marek, Carsten Meyer, Zucker & Trümme r, Schorsch Kamerun, Rocko Schamoni. Der Pudel bleibt, in Rülle und Fülle, denn diese, meine, eure, seine Welt ist eine Pudel.

Doch irgendwas oder irgendwer hat im Februar Feuer an eine freiheitliche Idee gelegt, die mehr ist als eine Hütte mit vogeligen Hot Dogs, die vis-à-vis der sauberen Promenadendecks ihre Sounds über den Asphalt knurrt. Irgendwer hat in dieser Nacht die kleine Hundehütte, die schon seit Anfang der 90er-Jahre kreuz und quer zu den formatierten Zwingern, Punkrock, Techno, Freejazz, Vogelstimmen oder Hochgeschwindigkeits-Drum ’n’ Bass rausbellt, angekokelt. Das ist schlimm, doch hier geht es um mehr als nur um einen brandgestifteten Musikclub.

Gegen Pudelhandel und für Pudelfiction

Dieser Irgendwer geht mir damit nämlich gehörig auf die Nerven, denn der Golden Pudel Club steht in meinem persönlichen gegenkulturgelebten Widerspruch ganz hoch im Kurs. Ich brauch den, damit ich in dieser hanseatischen Zwille nicht anfange, die Steine selbst zu werfen, außerdem bin ich gegen Pudelhandel und für Pudelfiction. Ich brauch das Hündchen auch, um zu wissen, dass es struppige Underdogs gibt, die aussehen wie Weihnachtsmänner, Indianerinnen, Mathelehrer oder Monchichis, die einfach ihre Ruhe haben wollen und die auf den ganzen Zirkus hier einfach keinen Bock haben. Diejenigen nämlich, die um die Ecke wohnen, und die der ökonomischen Kralle wider jeden Löschwassers, die Zähne zeigen.

Mit dem Pudel weiß ich, wohin ich mein Stöckchen schleudere – ohne Pudel garantiere ich euch für nichts. Und ich brauche nicht nur diesen Pudel, ich benötige das ganze Rudel Pudel. Die ganze Welt sollte eine Pudel sein, denn diese Welt denkt nicht im Kreis. Sie ist lieber undogmatisch und gleichzeitig verbohrt, sie bleibt windschief und doch gerade, sie ist ungezogen und so charmant, ganz abgetakelt und doch modern. Eine Pudelite eben.

Eine brennende Bühne für Freaks

Und genau so will ich meine Welt haben, unverkäuflich, freisinnig, ja geradezu elastisch, denn diese Welt bietet mir kein Szenefutter, sondern ein Zuhause, selbst wenn ich nicht da bin und eine Idee, die im Rest der löschwasserertrunkenen Leckerlifabrik Deutschland so langsam vor die Profiteure geht: eine brennende Bühne für Freaks und ein für jeden geltendes Recht auf Hundefutti, eine freche Schnauze, eine lange Leine, eine einzigartige Leistungsschau, eine Manege begnadeter lokaler und internationaler Frohnaturen.

Und deshalb kläffe ich und fordere euch auf, unsere Elbphilharmonie der Herzen endlich dem Kapitalmarkt zu entziehen, denn diese Welt funktioniert so wie sie es sich immer gewünscht hat: ohne uns. Der DJ verkauft die Biere ebenso wie er Türsteher oder nächtlicher Durchführer ist. Hier ist das ganze Rudel Teil der Frisur. Und vor allem: Hier sind sie alle in love mit den Hündchen.

Nun tickt die Uhr. Die Zeit rennt. Der Sand läuft. Und ich denke, hier blutet einer der besten Plätze der Welt, der Ort, an dem Musik und Ideen sein könnten, was sie sein sollten: frei. Wir müssen ein wachsames Auge auf ihn haben, damit ihm nicht noch vor der Veräußerung das angesengte Fell über die Ohren gezogen wird. Geht es dem Pudel so wie den anderen Pudeln in der Stadt? Den verlorenen Clubs, den verkauften Kulturflächen, den geschassten Ideen? Es ist schlimmer. Es ist Zeit. Machen wir gemeinsam mit ganz vielen Schnauzen unser Maul auf und zeigen wir uns bissig. Es reicht!

Zur Autorin

Andrea Rothaug ist Geschäftsführerin von RockCity Hamburg und Präsidentin des Bundesverbands Popularmusik. Außerdem Mitbegründerin der Hanseplatte, des Clubkombinats und der IHM, Veranstalterin, Autorin sowie Dozentin und Trägerin des Ehrenpreises des Hamburger Club Awards

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