„Politics of Love“ im Kunsthaus: Liebe als Miteinander 

„Politics of Love“ beschwört in Zeiten von Hass, Ausgrenzung und Kriegen das Miteinander und das Handeln – und das mit internationalen Künstlern, mit zahlreichen Aktionen und viel Liebe im Kunsthaus
(©Frieda Toranzo Jaeger, Step in, 2023, Privatsammlung Hamburg/Foto: Jens Ziehe)

Es ist fast 40 Jahre her, dass in Kunsthaus und Kunstverein die „Biennale des Friedens“ stattfand. 1985 war das und initiiert hatte sie Robert Fillou (1926-1987), Fluxus-Künstler und Gastprofessor an der HFBK. Leidenschaftlich rebellierte er gegen die elitäre Hochkunst, beschwor Künstler als die wirklichen Visionäre – und eine Kunst, die Menschen zusammenbringt, um sich zu vernetzten und kollektiv etwas zu bewegen. Er plädierte für Werke, die es sich nicht in Sammlungen und Museen bequem machen, sondern ihre Rahmen verlassen, von ihren Sockeln steigen und auf die Straße gehen, um die Welt zu einer besseren zu machen.

Jahrelang bereitete Fillou die Hamburg-Biennale vor, die erkunden sollte, wie man dem Frieden eine beständige Form geben kann. Und das Echo war enorm. Seinem Aufruf folgten 391 Künstler und Künstlerinnen aus 33 Ländern und darunter waren viele große Namen. Allan Kaprow pflasterte mit Milch gefüllten Tellern einen Weg, der nur mit Vorsicht zu betreten war, Joseph Beuys kehrte Straßendreck zusammen, Nam June Paik spielte ein Konzert und Magdalena Jetelova stemmte sich mit Hausskulpturen gegen die Witterung. „Wir alle sind gegen Krieg. Aber wofür sind wir? Für den Frieden, sagen wir. Aber was ist Frieden?“, war die Frage, die Fillou stellte – und die jetzt von Kuratorin Belinda Grace Gardner und Kunsthaus-Direktorin Anna Nowak wieder aufgenommen wird. In ihrer Schau „Politics of Love“, die an die „Biennale des Friedens“ erinnert, wie 1985, erneut Studierende der HFBK miteinbezieht, die in diesem Fall eine Open-Source-Publikation erstellen – und zum Mitmachen einlädt.

Liebe als gesellschaftliche Praxis

(©Lulu Macdonald, (Un)Latch, 2021, Courtesy die Künstlerin/Foto: Hayo Heye)

Trotz der Referenzen an die Friedensbiennale schlagen die beiden Kuratorinnen aber einen eigenen Weg ein. Und setzen in einer Zeit, in der „die Tendenz zu nationaler und individueller Abschottung und Isolation“ zunimmt, auf die Liebe. Auf die „Politics of Love“, einer Idee, die der Literatur- und Kulturtheoretiker Michael Hardt geprägt hat. Dabei geht es nicht um die romantische Liebe, wie Belinda Grace Gardner erklärt, sondern um die Liebe als eine gesellschaftliche Praxis. Darum, den Liebesbegriff, der ja immer wieder auch mit Besitz verknüpft ist, in ein Miteinander zu verwandeln. Und das trotz aller Eigen- und Andersartigkeiten und mit Leidenschaft und Empathie. Wie eine Unterströmung würde diese Art von Liebe die Ausstellung durchwirken, die dazu aufruft, sich zusammenzuschließen und zu vernetzen. Sie zeigen Kunst als Handlungsraum und die internationalen Arbeiten nehmen das in verschiedener Weise auf und kreisen um Offenheit und um Empathie und darum, zusammenzufinden.

Von Sabine Mohr ist dazu die Arbeit „Das Dritte versuchen, das Eine finden“, die sie auch bei der „Biennale des Friedens“ gezeigt hatte und die daran erinnert, wie Kinder beim Fadenspiel diese im schönsten Miteinander von Hand zu Hand wandern lassen. Der amerikanische Installationskünstler Dan Peterman baut eine Speakers Corner auf. Und das als Lovepodium, auf dem man Platz nehmen kann, um – voller Liebe – konträre Meinungen auszutauschen. Und auch die romantische Liebe findet ihren Weg in die Schau. Mit der libanesisch-niederländischen Künstlerin Mounira Al Solh, die arabische Worte für Liebe gesammelt hat und sie ins Französische, ins Englische, ins Holländische übersetzt hat und so die Liebe, die als so individuell empfunden wird, in etwas Vielstimmiges verwandelt, das weitergesagt und sich ausbreiten kann.

Viele Aktionen begleiten „Politics of Love“

Gleichzeitig begleiten zahlreiche Aktionen die Ausstellung, die zusammenführen und vernetzen, ganz so wie die Performance-Reihe „Kochen mit Mama“. In ihr erinnert sich der Künstler Hiwi K. daran, wie der Austausch über das Kochen ihn mit seiner Mutter – und Heimat – verbindet und so werden an drei Orten der Stadt Familiengerichte aus unterschiedlichen Kulturen zubereitet und es wird dazu eingeladen, miteinander ins Gespräch zu kommen. Wie schon 1985 an der Friedensbiennale können sich alle an den „Politics of Love“ beteiligen: Ein Open Call lädt dazu ein, die eigene Mail-Art an das Kunsthaus zu senden und so Teil des Miteinanders zu werden.

Politics of Love“, Kunsthaus, bis 2. Februar 2025

Dieser Artikel ist zuerst in SZENE HAMBURG 12/2024 erschienen. 

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