Soul Kitchen-Halle verschwindet

Der Film „Soul Kitchen“ von Fatih Akin hat fast schon Kultstatus, jetzt verschwindet mit der Soul Kitchen-Halle einer der Drehorte in Hamburg-Wilhelmburg endgültig
Soul Kitchen-Halle
Die Soul Kitchen-Halle könnte bald Geschichte sein (©Carlotta Maas)

„Architektur ist immer auch ein Ausdruck der Menschen, die in der Stadt leben“, sagte Regisseur Fatih Akin 2009 in einem Interview mit dem „Spiegel“ zu seinem damals gerade erschienenen Film „Soul Kitchen“. Er sprach sich dabei gegen den Abriss von alter Bausubstanz aus. „Wie können wir denn eine verantwortungsbewusste Gesellschaft werden, die ältere Menschen respektiert, wenn wir die Zeugnisse unserer Eltern einfach abreißen?“ Genau dieses Schicksal ereilt jetzt den wohl bekanntesten Drehort in Akins erster Komödie: die Soul Kitchen-Halle in Hamburg-Wilhelmsburg. Hier wurden die Szenen im Restaurant von Zinos Kazantsakis, gespielt von Adam Bousdoukos, gedreht und später wurde die Halle zu einem beliebten Fotomotiv für Filmfans und zu einem Kulturort in Wilhelmsburg.

Der Film animiert

„Soul Kitchen“ war ein europaweiter Erfolg und wurde bei den Filmfestspielen in Venedig mit dem „Großen Preis der Jury“ ausgezeichnet. Vielleicht war es auch dieser Erfolg, der ein Kollektiv um den Wilhelmsburger Kulturmacher Mathias Lintl animierte, die Soul Kitchen-Halle weiterzunutzen. Das Kollektiv veranstaltete ab 2010 Konzerte, Filmabende, Partys und Lesungen in der Halle. Doch trotz eines Nutzungsrechts musste die Halle immer wieder zusperren, wie im August 2012.

Nur ein Jahr später kam das Aus. Nachdem die Halle im Juni 2013 schon wegen Einsturzgefahr geschlossen wurde, hatte das Kollektiv die Events nach draußen verlagert. Am 1. Oktober 2013 mussten Halle und das angrenzende Gelände dann endgültig geräumt werden. Der damalige Eigentümer, die städtische Sprinkenhof AG, untersagte eine weitere Nutzung. So musste das Kollektiv für ihre letzten Veranstaltungen zu Nachbarn umziehen: „Mathias hat dann bei uns gefragt und konnte für schon gebuchte Veranstaltungen unseren Saal nutzen“, sagt Brigitte Schulz von der Honigfabrik.

Es ist schade, dass so ein Gebäude, das auch ein bisschen die Geschichte des Stadtteils erzählt, jetzt verschwindet.

Brigitte Schulz

Langer Leerstand

Soul Kitchen-Halle
Seit 2013 steht die Soul Kitchen-Halle leer (©Carlotta Maas)

Seit der Schließung 2013 steht die Halle seit mittlerweile elf Jahren leer. „Es ist schade, dass so ein Gebäude, das auch ein bisschen die Geschichte des Stadtteils erzählt, jetzt verschwindet“, sagt Brigitte Schulz. Anfang Oktober 2024 geht aus einer Antwort des Hamburger Senats hervor, was die Wirtschaftsbehörde gegenüber SZENE HAMBURG bestätigt: Die Soul Kitchen-Halle soll abgerissen werden. Laut der Wirtschaftsbehörde handelt es sich beim Areal „um eine Industriefläche, die auch künftig als solche genutzt werden soll“. Und das, obwohl bis 2013 hier kulturelle Nutzung geduldet wurde. Diesen Widerspruch nimmt auch die Initiative KulturKanal Wilhelmsburg in seiner Stellungnahme auf und fordert mehr politischen Willen für eine kulturelle Nutzung des Areals am Veringkanal. Für den 18. Oktober 2024 ist eine Kundgebung geplant, die fordert „Die Soulbrache bleibt, der Zaun muss weg!“

Der Senat geht indes einen anderen Weg und hat bereits Potenziale für neue industrielle Nutzungen identifiziert. Das könnten Unternehmen aus den Bereichen Lebensmittelwirtschaft, Maschinenbau oder dem Bereich Bodensanierung und Baustoffproduktion sein. „Wenn da jetzt eine geruchsintensive Industrie hinkommen sollte, hat das ja auch nicht nur mit uns als Kulturort, sondern auch mit dem Stadtteil zu tun“, sagt Brigitte Schulz. Durch das große Logistikunternehmen und die Ölwerke seien sie „schon genug belastet.“ Die Ansiedelung von geruchsintensiver Industrie hätte laut Schulz „mit Aufwertung des Stadtteils und der Wertschätzung der Menschen, die hier leben zu tun.“

Soul Kitchen: Ein Kreis schließt sich

Eine kulturelle Nutzung plant der Senat hingegen für die auf der anderen Kanalseite gelegenen alten Zinnwerke. „Das Areal soll für eine kreative Nutzung im Stadtteil weiterhin gesichert und erweitert werden“, so die Wirtschaftsbehörde gegenüber SZENE HAMBURG. Dafür gäbe es auch schon „einen umfassenden Austausch mit der Kulturbehörde“.

Doch für die Soul Kitchen-Halle scheint das Ende besiegelt. Der Abriss ist dabei auch in gewisser Weise eine Ironie der Geschichte. Denn Fatih Akin wählte damals für den Film bewusst Orte, die es nicht mehr lange geben würde. Darunter waren das Mandarin-Casino auf der Reeperbahn, in dem zuvor noch der Mojo-Club zu Hause war und welches heute das Areal der Tanzenden Türme ist sowie die Astrastube an der Sternbrücke, die es seit Ende 2023 nicht mehr gibt. Das alles sind Veränderungen, die Akin in seiner Komödie kritisierte. Und jetzt verschwindet mit der Soul Kitchen-Halle einer der letzten Drehorte des Films.

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