Hamburger Medienmenschen über ihren Werdegang, ihre Stärken und ihre Vorstellung von gutem Journalismus
Steckbriefe: Erik Brandt-Höge
Maik Koltermann, 45, Journalist/ Chefredakteur Hamburger Morgenpost
Werdegang: Als Teenager dem Grunge verfallen. Auch weil Journalisten Freitickets und Rezensionsexemplare bekamen, bei Musikmagazin beworben. Später als Volontär die Pop-Seite der MOPO betreut. Dann: Lokales, CvD, Ressortleiter, Stellv. Chefredakteur. Nach neunmonatiger Auszeit jetzt zurück als Chef.
Mein Job in einem Satz: Täglich rausfinden, was Hamburg bewegt und bewegen sollte, manchmal Löwenbändiger sein und manchmal Küchenpsychologe.
Meine größte Stärke: Ich mache einen exzellenten Schweinebraten und habe hin und wieder eine gute Idee.
Außer unserem konsumiere ich regelmäßig folgende Medien: Ach. Abendblatt, Spiegel, Süddeutsche, Facebook, Instagram, ARD, Arte, Netflix und vieles mehr … zu viel, zu lang.
Zuletzt fand ich diese Veröffentlichung herausragend: Herausragend ist ein großes Wort, aber „Er will’s wirklich wissen“ von Peter Unfried in der taz habe ich sehr gern gelesen. Liegt vielleicht auch daran, dass ich kurz zuvor festgestellt hatte, dass mein bisheriges Urteil über Markus Lanz überarbeitungswürdig ist.
Ganz allgemein ist für mich guter Journalismus: Ein hartes Stück Arbeit, die beste aller Aufgaben.
Lars Haider, 50, Journalist/ Chefredakteur Hamburger Abendblatt
Werdegang: Ich wollte immer Redakteur beim Hamburger Abendblatt werden, weil ich diese Zeitung und diese Stadt so liebe.
Mein Job in einem Satz: Für gute Laune und sehr gute Geschichten sorgen.
Meine größte Stärke: Verrückte Ideen.
Außer unserem konsumiere ich regelmäßig folgende Medien: Zu viele, um sie hier aufzuzählen.
Zuletzt fand ich diese Veröffentlichung herausragend: Markus Feldenkirchen: „Die Schulz-Story“.
Ganz allgemein ist für mich guter Journalismus: systemrelevant
Carla Rosorius, 32, Bildredakteurin GEO Wissen/ GEO kompakt/ Wohllebens Welt
Werdegang: Meine Begeisterung für Fotografie und letztendlich das Jahr an der Ostkreuzschule für Fotografie haben in mir die Entscheidung gefestigt, den Berufsweg der Bildredakteurin einzuschlagen. Es folgten Stationen beim Magazin der Süddeutschen Zeitung, dem Spiegel, der Zeit und mittlerweile bin ich seit gut fünf Jahren Teil der großen GEO-Familie.
Mein Job in einem Satz: Ich verstehe mich als Bildredakteurin als Schnittstelle zwischen den Fotografen und Illustratoren draußen sowie der Textredaktion und der Grafik innerhalb der Redaktion – in der Bildredaktion läuft alles zusammen.
Meine größte Stärke: Ich kommuniziere gerne, habe ein gutes Gedächtnis und behalte auch bei parallel laufenden Projekten den Überblick.
Außer unserem konsumiere ich regelmäßig folgende Medien: Als Angestellte bei Gruner + Jahr landen zig Magazine auf meinem Tisch, meine Top 3 aus an deren Häusern: Spiegel, British Journal of Photography, Bon appétit.
Zuletzt fand ich diese Veröffentlichung herausragend: Ich kann mich nicht auf eine Veröffentlichung festlegen und diese als herausragend bezeichnen. Mich können unterschiedlichste Themen und Ansätze begeistern, wenn sie überraschen und mir eine Welt zeigen, die ich so bislang nicht kannte.
Ganz allgemein ist für mich guter Journalismus: Journalismus ist für mich gut, wenn er sowohl optisch als auch textlich überrascht und ein mir bislang unbekanntes Thema von verschiedenen Seiten beleuchtet, erklärt und dabei gerne auch provokante Thesen aufstellt, die mich neugierig machen, mehr zu erfahren.
Jan Hildebrandt, 40, Verleger Eimsbütteler Nachrichten
Werdegang: Ich habe während des Studiums abgeordnetenwatch.de gegründet. Anschließend habe ich an der TU Harburg in einem Sozionik-Projekt gearbeitet und erforscht, wie sich neue Kommunikationsmedien auf gesellschaftliche Strukturen auswirken. 2013 gründete ich die Eimsbütteler Nachrichten, um dabei ein tragfähiges Geschäftsmodell zur Finanzierung von unabhängigem lokalen Qualitätsjournalismus zu entwickeln.
Mein Job in einem Satz: Ich bin zuständig für die Geschäftsführung, Organisationsentwicklung, Marketing, Kooperationen, Sales und Personal.
Meine größte Stärke: Eine gesunde Mischung aus Panik, Resilienz, Hektik und Geduld.
Außer unserem konsumiere ich regelmäßig folgende Medien: Übermedien, Die Zeit, Der Spiegel, Katapult, NDR, taz, Hamburger Morgenpost, Hamburger Abendblatt, Washington Post, New York Times, Horizont, MEEDIA, Der Postillon, Titanic.
Zuletzt fand ich diese Veröffentlichung herausragend: „Tausend Zeilen Lüge: Das System Relotius und der deutsche Journalismus“, Juan Moreno, Rowohlt Berlin. Für mich ist Moreno der Retter des deutschen Journalismus. Er hat persönlich Unglaubliches auf sich genommen und erduldet, um die Glaubwürdigkeit einer ganzen Branche wiederherzustellen.
Ganz allgemein ist für mich guter Journalismus: Guter Journalismus verliert nie den Bezug zu seinen Lesern. Eine Redaktion sollte sich im Dauerdiskurs mit ihren Lesern befinden.
Gabriele Fischer, 67, Journalistin/ Chefredakteurin brand eins
Werdegang: Studium: Politische Wissenschaften, Soziologie und Germanistik, nach dem Magister zwei Jahre Autos vermietet, Einstieg in den Journalismus bei der Rotenburger Kreiszeitung, von dort zur G+J -Journalistenschule (hieß damals noch so, es war der erste Jahrgang), von dort zurück in die Provinz, fünf Jahre Osterholzer Kreisblatt und Delmenhorster Kurier. Danach zehn Jahre Manager Magazin, Entwicklung des Tochtermagazins Econy, das nach zwei Ausgaben eingestellt wurde. Seit dem Unternehmerin zunächst mit Econy, nach dessen Verkauf Mitgründung von brand eins, das heute in der brand eins Medien AG erscheint.
Mein Job in einem Satz: Dafür zu sorgen, dass die Kollegen dort gern und gut arbeiten können.
Meine größte Stärke: Weitgehend angstfrei, Menschen liebend und frustrationstolerant. Und ich erkenne ziemlich zielsicher, was eine Geschichte ist und was nicht.
Außer unserem konsumiere ich regelmäßig folgende Medien: Zeit, Spiegel, SZ und immer wieder Independents wie Zenith oder Katapult.
Zuletzt fand ich diese Veröffentlichung herausragend: Die Zeit: „Würden Sie diesen Mann entlassen?“ von Noemi Harnickel und Anna-Sophie Barbutev, Begründung: Weil man nach dem Foto schon alles zu wissen glaubt – und dann eine ganz andere Geschichte liest.
Ganz allgemein ist für mich guter Journalismus: Wenn Journalisten nach Antworten suchen, auch wenn sie ihnen nicht gefallen – und nicht nur eigene Vorurteile bestätigen wollen.
Wolf-Hendrik Müllenberg, 37, Cross-medialer Redakteur NDR Info
Werdegang: Nach dem Volo auf der Evangelischen Journalistenschule, Einsatz als trimedialer Reporter im NDR Studio Braunschweig. Danach Wechsel nach Hamburg als Autor im Aktuell-Team von NDR.de sowie als Berater im Social Media Team des NDR. Heute: Redakteur für Online, Social Media, Hörfunk und Fernsehen.
Mein Job in einem Satz: Was bewegt den Norden heute?
Meine größte Stärke: Gespür für Themen, crossmedial denken, Teamfähigkeit.
Außer unserem konsumiere ich regelmäßig folgende Medien: SZ, taz, FAS, Bild und Bildblog, Social Media Watchblog, Dummy, „Tracks“ von Arte und die Podcasts „Hotel Matze“ sowie „ZEIT Verbrechen“.
Zuletzt fand ich diese Veröffentlichung herausragend: „Leonora – Wie ein Vater seine Tochter an den IS verlor“ (Volkmar Kabisch, Britta von der Heide, Amir Musawy, ARD). Ein Film, der mit außergewöhnlicher Nähe erzählt wird und zudem auch als spannender Podcast umgesetzt wurde.
Ganz allgemein ist für mich guter Journalismus: … der den Menschen auf Augenhöhe begegnet, an seinem Publikum orientiert und nicht von Eitelkeit getrieben ist.
SZENE HAMBURG Stadtmagazin, August 2020. Das Magazin ist seit dem 30. Juli 2020 im Handel und auch im Online Shop oder als ePaper erhältlich!