Noch bis zum 20. November ist die Inszenierung von Charles Gounods Oper an der Hamburger Kammeroper zu sehen – mitunter diabolisch gut
Text: Dagmar Ellen Fischer
Selten sind sie, aber es gibt sie noch: Theaterabende, von denen man im besten Sinn völlig absorbiert wird. Charles Gounods Oper „Faust“ in der Inszenierung von Alfonso Romero Mora ist so einer. Hier stimmt einfach alles – und das liegt nicht zuletzt an der vorteilhaften Verstrickung aller Beteiligten.
Mit einer witzigen Idee zum Einstieg sichert sich Mora gleich zu Beginn die volle Aufmerksamkeit des Publikums: „Werther“ wird geprobt, auch ein GoetheWerk, aber sollte nicht „Faust“ …? Mora stellt seiner Inszenierung eine Goethes „Vorspiel auf dem Theater“ vergleichbare Szene voran, in der Heinrich Faust als Regisseur etabliert wird, der gründlich genervt von seinen „Werther“-Proben in jene Stimmung gerät, die für den Anfang der Oper gebraucht wird: Seines Lebens überdrüssig – „verflucht sei das Theater“, heißt es im Rezitativ abgewandelt – , mischt er sich den Gifttrank. Doch statt des erwarteten letzten Morgenrots erscheint Mephisto, um ihn mit einem Bild von Margarethe ins Leben zurück zu locken.
Originelle Einfälle und große Wertschätzung
Die bekannte Geschichte von Verführung, Verrat und Reue nimmt ihren Lauf, doch wird sie hier so übermütig und neu erzählt, dass man neugierig auf jede weitere Szene wartet. Selbstbewusst und frech jongliert Mora mit originellen Einfällen, dennoch ist in jedem Moment seine Wertschätzung für das Werk spürbar. Barbara Hass’ Bearbeitung des Stoffs ist die beste denkbare Grundlage, und dem musikalischen Leiter Ettore Prandi gelingt eine wunderbare Verschlankung auf rund zwei Drittel der originalen Partitur, wobei sechs Musizierende im Orchestergraben reichen. Und Ausstatter Jürgen Kirner schafft es, die kleine Bühne mit fantasievollen Elementen gefühlt um ein Mehrfaches auszudehnen. Sieben Darstellende singen und spielen mit spürbarer Leidenschaft, mitunter sogar diabolisch gut.
„Faust“ von der Hamburger Kammeroper, noch bis zum 20. November im Allee Theater
Tickets gibt’s ab 30 Euro