Clubkombinat: Vereint für die Clubvielfalt der Stadt

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Foto: Clubkombinat

Das Clubkombinat ist Hamburgs Interessenvertretung für Musikspielstätten und ihre Betreiber. Kürzlich wurde der Verein 15 Jahre alt. SZENE HAMBURG sprach mit Geschäftsführer Thore Debor über Lobbyarbeit, Meilensteine und Brachflächen der Clublandschaft

Interview: Ole Masch
Foto (o.): Clubkombinat

SZENE HAMBURG: Thore, am 6. Juli hattet ihr 15. Geburtstag. Wurde groß gefeiert?

Thore Debor: Wir sind zu diesem Anlass mit zwei Themen nach draußen gegangen: Die Veröffentlichung des Clubtüren-Posters, auf dem wir 81 Clubtüren vereinen und die Vielfalt der Clublandschaft zeigen. Und gleichzeitig mit einer Reportage auf unsere Website, die die Anfänge und Geschichte des Clubkombinats nachzeichnet. Im August gibt es dann unser Sommerfest, wo wir richtig die Korken knallen lassen.

Was macht ein Geschäftsführer im Clubkombinat? 

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Geschäftsführer Clubkombinat: Thore Debor / Foto: Peter Eichelmann

Er ist dafür eingesetzt die Beschlüsse des Vorstands umzusetzen. Meine erste Aufgabe war es einst, die Umzugskisten zu packen und sie von der Lerchenstraße in unsere jetzige Geschäftsstelle in der Kastanienallee zu verfrachten. Damals umfasste der Personalstamm eine Mitarbeiterin auf Minijob-Basis. Das konnte erst im Jahr 2012 mit der Ausschreibung dieser Stelle geändert werden.

Und seitdem bist du in dieser Position?

Ja, einer meiner ersten Jobs nach dem Studium der Kulturwissenschaften war der Aufbau des Klubsen in Hammerbrook. Damit war ich automatisch Mitglied im Clubkombinat.

Ein Fazit meiner Magisterarbeit war, dass es einen Bundesverband für die Vertretung von Live-Musik-Spielstätten geben müsste. Und dann wurde eine geteilte Stelle ausgeschrieben, die zum einen solch einen Bundesverband, die LiveKomm, mit aufbauen sollte und zum anderen die Geschäftsführung des Clubkombinats beinhaltete.

„Hamburg ist viel mehr als Musicals oder Staatsoper“

Warum wurde einige Jahre vorher das Clubkombinat gegründet?

Der Druck, der damals von außen auf die Clubs einwirkte, war so groß, dass man dagegen besser als Gemeinschaft vorgehen wollte. Ein Thema war die Plakatierung für Veranstaltungen. Vieles deckt sich mit den Problemen von heute. Zum Beispiel Lärmbeschwerden oder die Stellplatzabgabe.

Außerdem mangelte es damals aus Künstlerperspektive an Auftrittsorten. Um diese dicken Bretter zu bohren, braucht man mehrere Bohrer.

Welche Dinge konntet ihr als junger Verband erreichen?

Zum Beispiel das monatliche Clubplakat. Viele konnten sich Werbung allein nicht mehr leisten. Bei einem Plakat mit Programm von bis zu 40 Clubs, bekommen auch die Kleineren eine Chance sich zu präsentieren. Dieser Evergreen ist nach wie vor ausgebucht, weil es wichtig ist zu zeigen, dass die Musikstadt Hamburg viel mehr als Musicals oder Staatsoper ist. Auch als politisches Statement.

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Die Clubtüren unserer Stadt / Foto: Clubkombinat

Wie seid ihr vernetzt?

Über die schon erwähnte Gründung des Bundesverband und darüber hinaus über den europäischen Verband Live DMA. Die Mitglieder aus 15 Ländern setzen sich gerade damit auseinander, dass die WHO in ihren neuen Richtlinien für Europa, Konzert- und Clublärm genauso gesundheitsgefährdend einstuft wie Motor- und Straßenlärm. Sie empfiehlt daher nur zwei Konzerte im Jahr zu besuchen. Aus unserer Sicht ist die Vernetzung gerade jetzt so wichtig, weil wir schon einwirken können, bevor sich solche Empfehlungen in der Gesetzgebung niederschlagen.

Das Bretterbohren bleibt also?

Ja, neben der Vernetzung der Szene ist es Kern des Verbandes, die Rahmenbedingungen für Live-Musik in Hamburg zu verbessern.

Vor ein paar Jahren habt ihr die Clubstiftung gegründet. Welchem Zweck dient sie?

Dies geschah in Zusammenarbeit mit der Stadt. Sie ist als gemeinnützig anerkannt und hat trotzdem den Fokus, eine Stiftung zur Stärkung privater Musikbühnen zu sein. Das war juristisch gar nicht so einfach darzulegen, dass wir damit kein wirtschaftliches, sondern ein kulturelles Interesse verfolgen.

Wie finanziert sie sich?

Zum einen aus unserem Ticketing FairTix. Über 40 Veranstalter machen dort mit und im letzten Jahr wurden so 56.000 Tickets verkauft, von denen jeweils ein Euro in die Stiftung fließt. Und dann gibt es den ein oder anderen Mäzen, der gern im Hintergrund bleiben möchte, aber sagt, dass Musik sein Leben geprägt hat und er gerne etwas zurückgeben möchte. Das können natürlich gerne noch mehr werden (grinst).

Wen fördert die Stiftung konkret?

Wir haben zum Beispiel damals den Wiederaufau des Golden Pudel Club unterstützen können. Spenden, zu denen er selber aufgerufen hat, konnten dann über die Clubstiftung zweckgebunden und steuervergünstigt eingesammelt werden.

Kulturraum braucht Schutz

Womit befasst ihr euch heute?

Zum Beispiel, dass Clubs künftig in der Baunutzungsverordnung nicht mehr als Vergnügungsstätten eingeordnet werden, sondern als Anlagen kultureller Zwecke.

Vergnügungsstätten sind nach allgemeiner Lesart Orte, die schadhafte Auswirkung auf die Stadtentwicklung haben. Damit stehen wir auf einer Stufe mit Wettbüros, Spielhallen und Sexshops. Wir wollen damit einen sogenannten Kulturraumschutz einleiten.

Mit welchem Ziel?

Es geht letztlich immer um die Frage, was unsere Städte lebenswert macht. Die Programme der Clubs machen eine Stadt attraktiv. Deswegen ziehen hier junge Leute hin und eine Stadt profitiert davon sehr reichhaltig.

Mit zunehmenden Luxussanierungen kommt aber auch ein anderes Klientel. Die lesen über die Wohnung im Szeneviertel und haben die Besichtigung Montagvormittag. Natürlich haben sie das gesetzlich verbriefte Recht die Dorfruhe einzuklagen, man fragt sich aber, ob sie wirklich nicht wissen, dass es Samstagabend mal lauter wird. Wir sind da als Sprachrohr der Clubs gesprächsbereit, aber würden uns wünschen, dass es manche Anwohner auch ein wenig häufiger wären.

Die Stadt müsste ein Interesse daran haben, dass beide Seiten miteinander leben können.

Das hat sie. Nicht zuletzt durch unser Einwirken, wurden dafür von der Stadt zum Beispiel Mittel aus dem Sanierungsfonds verwendet, um private Musikclubs im Sinne des Lärmschutz abzudichten. Das konnten wir bei etwa neun Clubs bereits machen.

Wo konkret?

Zum Beispiel bei der Prinzenbar. Es wurde eine Lüftungs- und Klimaanlage installiert, die dazu führt, dass es während des Clubbetriebs, nicht mehr so heiß wird und die Leute zum Rauchen und Abkühlen nach draußen müssen. Dafür gilt ein Dank in Richtung Bürgerschaft.

Das klingt erst mal sehr positiv …

Ja. Früher wurden Clubbesitzer häufig so behandelt, als seien sie Luden und die unterste Schublade an Gewerbetreibenden. Da hat sich viel gewandelt. Man hat begriffen, dass die Arbeit unserer Mitglieder einen Wert für die Stadt hat. Und natürlich sind mittlerweile in der Politik auch Menschen unterwegs, die durch die Clubszene sozialisiert wurden.

Wenn man auf Hamburg guckt, sind zwei der spannendsten Clubprojekte wie Moloch und Südpol, mit befördert durch die Kreativgesellschaft. Das ist eine städtische Einrichtung, die solche Freiräume ermöglicht. Das zeigt aber auch, dass die Trüffelschweine von früher, die es alleine geschafft haben solche Orte zu finden, es nicht mehr sehr leicht haben.

Die Stadt übernimmt ein Stück weit diese Aufgabe, um große Player wie die Deutsche Bahn oder die HafenCity GmbH davon zu überzeugen, dass dort Clubs nicht weh tun.

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Um sich damit zu schmücken?

Wenn man es ermöglicht, darf man sich auch damit schmücken. Die beiden erwähnten Clubs sind ein positives Beispiel, dass man in Hamburg Menschen an Orte bewegen kann, die sonst fürs Nachtleben weniger bekannt sind.

Gibt es zurzeit überhaupt das häufig zitierte Clubsterben?

Wir wären die Ersten, die den Begriff offiziell in den Mund nehmen. Im Moment geht es aber weniger darum, dass Orte wegsterben und keine neuen Musikspielstätten entstehen, sondern darum, was in den Orten passiert. Also qualitativ an Programm.

Durch höhere Gewerbemieten und Auflagen wird alles teurer und wirkt sich negativ auf die gestalterische kreative Freiheit aus. Wir befürchten, die Vielfalt an musikalischem Programm könnte dadurch in Zukunft schwerer gewährleistet werden.

Hamburg hat bundesweit auf die Einwohnerzahl gemessen die höchste Konzertanzahl und Clubdichte und diesen Platz zu halten ist eine anspruchsvolle Aufgabe.

Mit der Kogge ist gerade ein Ort gestorben. Eigentlich wollte sie auf das ehemalige Esso-Gelände ziehen. Stattdessen nur Brachfläche. Wie steht das Clubkombinat zu den Entwicklungen rund um das geplante Paloma-Viertel?

Durch Verzögerungen die hier entstanden sind, ist die Kogge jetzt wohl fatalerweise nicht mehr zu retten. Allerdings wurde seitens der Stadt gegenüber der Bayerischen Hausbau scheinbar nicht konsequent zu Ende verhandelt. Die freut sich, weil sie sich ungebunden durch den städtebaulichen Vertrag frei jemanden aussuchen können. Ob das Molotow dort wieder einziehen kann ist ähnlich fraglich.

Durch gesteigerte Auflagen in Kellerclubs muss man breitere Treppen als Fluchtwege bauen. Dafür will eine Bayerische Hausbau die entsprechende Miete haben. Das kann ein Molotow sich aber kaum leisten.

Was wäre die Lösung?

Dass die Bayerische Hausbau zu ihren Ursprungsaussagen steht und die alten Mieter dort wieder eine Heimat finden. Sie hat sich ja im Prinzip dazu verpflichtet, ein solches Angebot zu machen.

Durch teure Wohnungen auf dem Dach könnten die Clubs im Keller quer subventioniert werden. Wenn sie dazu nicht bereit ist, wird es kaum ein Molotow im Paloma-Viertel geben. Das wäre sehr unerfreulich, denn das Molotow gehört ursprünglich dorthin.

Clubkombinat.de


Szene-Hamburg-August-2019-TitelDieser Text stammt aus SZENE HAMBURG, August 2019. Titelthema: Wie sozial ist Hamburg? Das Magazin ist seit dem 27. Juli 2019 im Handel und zeitlos im Online Shop oder als ePaper erhältlich! 


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