Filmkritik: „Die Theorie von Allem“

„Die Theorie von Allem“ von Timm Kröger erinnert an den Stil des Film noir – ein Alpines Mystery-Stück mit Stil
Der Physiker Johannes Leinert (Jan Bülow) arbeitet in luftiger Höhe an seiner Dissertation zur Vielweltentheorie (©Neue Visionen Filmverleih)

Superheldenmultiversen à la Marvel waren gestern! Wie kreativ man mit den Möglichkeiten unterschiedlicher Dimensionen spielen kann, beweist Timm Krögers Venedig-Festivalbeitrag „Die Theorie von Allem“, der munter Mystery-, Drama-, Krimi- und Thriller-Elemente verquickt. Im Zentrum dieses Genrecocktails: der Physiker Johannes Leinert (Jan Bülow), der für seine Dissertation an einer Vielweltentheorie arbeitet und Anfang der 1960er-Jahre mit seinem Doktorvater (herrlich schroff: Hanns Zischler) zu einem Fachkongress in die Schweizer Alpen reist. Da sich der angekündigte Stargast verspätet, vertreiben sich die anwesenden Wissenschaftler die Zeit mit Dinieren und Skifahren. Während des Wartens sticht Johannes die Pianistin Karin (Olivia Ross) ins Auge, die viel über seine Vergangenheit zu wissen scheint. Als nur wenig später eine übel zugerichtete Leiche auftaucht, wird der junge Doktorand in den Strudel mysteriöser Ereignisse hineingesogen.

„Die Theorie von Allem“: Eine deutsche Film-Seltenheit mit Tiefe

„Die Theorie von Allem“, ab dem 26. Oktober im Kino (©Neue Visionen Filmverleih)

Wer im Kino alles vorgekaut und ausbuchstabiert haben möchte, dürfte spätestens im Finale entnervt aufgeben. „Die Theorie von Allem“ liefert nicht auf jede Frage eine Antwort, überlässt es dem Publikum, das Gesehene zu Ende zu denken. Spannende Ideen und Verweise tauchen dafür reichlich auf. Vordergründig dreht sich der Film um eine mutmaßliche Verschwörung. Zugleich geht es aber auch um den Schrecken der NS-Zeit, das Verdrängen, das Erinnern und das Erzählen. Beeindruckend ist vor allem, wie souverän der Regisseur mit alten Techniken und Zitaten hantiert, ohne ins plumpe Nachahmen zu verfallen. Die kontrastreichen Schattenspiele in den prächtigen Schwarz-Weiß-Bildern erinnern an den Stil des Film noir mit seiner zwielichtigen Atmosphäre, und die ständig aufbrausende Musik könnte direkt aus einem Melodrama der 1950er- oder 1960er-Jahre stammen. „Die Theorie von Allem“ ist eine experimentierfreudige, selbstbewusste Hommage an die Ausdruckskraft des Kinos, wie sie aus deutschsprachiger Produktion nur selten auf die große Leinwand kommt.

„Die Theorie von Allem“, Regie: Timm Kröger. Mit Jan Bülow, Olivia Ross, Hanns Zischler. 118 Min. Ab dem 26. Oktober 2023 im Kino

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 10/2023 erschienen.

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