„Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt.“ Das waren 1996 die Worte des damaligen Bundepräsidenten Roman Herzog bei seiner Proklamation für den 27. Januar als Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. Denn 51 Jahre zuvor, am 27. Januar 1945, wurde das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau von sowjetischen Soldaten befreit. Auschwitz stand dabei wie kein anderes Lager für die Ermordung von Menschen durch den nationalsozialistischen Rassenwahn.
Bis heute erinnern an diesem Tag zahlreiche Veranstaltungen an die Gräueltaten des NS-Regimes, so auch 2023:
Die Ausstellung „Der Tod ist ständig unter uns“ ist anlässlich des 27. Januar noch bis zum 8. Februar im Foyer des Rathauses zu sehen,die Demonstration „Von der Schule auf die Straße, gemeinsam gegen den Faschismus!“ des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums startet um (14 Uhr) bei Galeria Kaufhofam Alstertal-Einkaufszentrum unddie szenische Lesung „Konferenzprotokolle 1933-1949 der Helene Lange-Oberrealschule“ am Mahnmal St. Nikolai beginnt um 18 Uhr.
Ein Preis für Zivilcourage
Am 27. Januar wird traditionell auch der Bertini-Preis vergeben. Er zeichnet ganz im Sinne seines Namensgebers „Die Bertinis“, ein Roman des Hamburger Schriftsteller Ralph Giordano, Einzelpersonen, Gruppen oder Schulklasse für couragiertes Eintreten gegen Unrecht, Ausgrenzung oder Gewalt von Menschen gegen Menschen in der Stadt aus. 2023 wird der mit insgesamt 10.000 Euro dotierte Preis zum 25. Mal vergeben. Bei der Verleihung am 27. Januar um 14 Uhr im Ernst Deutsch Theater werden insgesamt 43 Jugendliche aus vier Projekten ausgezeichnet.
Ihr macht euch schuldig, wenn ihr nichts über diese Zeit wissen wollt. Ihr müsst alles wissen, was damals geschah. Und warum es geschah.
Esther Bejarano
Ein Preis geht an das Projekt „Die Rolle der Stadt Hamburg bei der Entstehung der Gedenkstätte KZ-Neuengamme“, indem sich eine Schülerin des Gymnasiums Altona mit der Rolle der Stadt Hamburg bei der Errichtung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme auseinandersetzt und einen Entwurf für ein Mahnmal entwickelt hat.
Im zweiten ausgezeichneten Projekt „Support your local queers“ haben Schüler:innen der Stadtteilschule Bergedorf in kurzen Filmsequenzen gezeigt, welche Möglichkeiten es gibt, sich für Vielfalt einzusetzen und sich gegen Diskriminierungen zu engagieren.
Das dritte Projekt ist „Gretchen. Bilder der Erinnerung“, eine Performance von Schülerinnen und Schülern des Emilie-Wüstenfeld-Gymnasiums (EWG) zum Gedenken an die Hamburger Malerin Gretchen Wohlwill, die an der Schule unterrichtete und 1933 aufgrund ihrer jüdischen Herkunft vom Schuldienst entlassen wurde.
Die vierte Auszeichnung geht ebenfalls an eine Performance: Unter dem Titel „Faces and Voices for the Names“ geben Schüler:innen den vergessenen Geschichten hinter den Stolpersteinen durch Choreografien aus musikalischen, künstlerischen und literarischen Performances Gesicht und Stimme.
Kein Vergeben, kein Vergessen
Der Bertini-Preis und alle anderen Veranstaltungen halten die Erinnerung an die NS-Verbrechen in einer Zeit hoch, in der es immer weniger Zeitzeugen gibt. Die 2021 verstorbene Holocaustüberlebende Esther Bejarano formulierte es einmal wie folgt: „Ihr habt keine Schuld an dieser Zeit. Aber ihr macht euch schuldig, wenn ihr nichts über diese Zeit wissen wollt. Ihr müsst alles wissen, was damals geschah. Und warum es geschah.“